I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass für die Zahlungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Klägerin die Möglichkeit habe, die Kosten der negativen Feststellungsklage gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in dem dortigen Prozess geltend zu machen. Bei dem Verfahren nach § 269 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 ZPO handele es sich um einen gleichwertigen Weg, da in diesem Rahmen nicht lediglich eine summarische, sondern eine vollständige und umfassende Überprüfung der Sach- und Rechtslage einschließlich etwaiger Beweisaufnahmen erfolgen müsse.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Nach überwiegender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung hindert die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO eine Kostenerstattungsklage nicht (s. KG, Beschl. v. 31.3.2011 – 8 U 125/10; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn 103, 104; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn 57; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 269 Rn 18e; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 269 Rn 67; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 269 Rn 13c; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn 40, 41; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2011, 1563, 1564; a.A. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn 33; wohl auch Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328). Die klagende Partei hat daher in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.

a) Der Klagepartei kann in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenerstattungsklage nicht generell versagt werden.

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt regelmäßig dann, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zur Verfügung steht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 24.4.1990 – VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; v. 24.2.1994 – IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 u. v. 17.11.2005 – IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; Beschl. v. 9.7.2009 – IX ZR 29/09, NJW-RR 2009, 1148, 1149). Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Kläger allerdings nicht verwiesen werden (BGH, Urt. v. 24.4.1990 a.a.O.; v. 24.2.1994 a.a.O. u. v. 17.11.2005 a.a.O. S. 99 f.; Beschl. v. 9.7.2009 a.a.O. Rn 6). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (BGH, Urt. v. 24.2.1994 a.a.O.; Beschl. v. 9.7.2009 a.a.O.).

bb) Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO ist gegenüber der Kostenerstattungsklage weder notwendig einfacher und billiger noch vergleichbar sicher und wirkungsvoll, um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Durchsetzung zu bringen.

(1) Ist die zurückgenommene Klage – wie hier – noch nicht rechtshängig geworden und stellt der Kläger keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO, so verbleibt es bei der Abrechnung der bislang angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten unter Berücksichtigung der Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. GKG-KostVerz. (eine Gerichtsgebühr statt drei Gerichtsgebühren). Diese Kosten bestimmen den Betrag der Klageforderung (und mithin auch den Streitwert) in dem nachfolgenden Kostenerstattungsprozess, in dem der vom Kläger geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich überprüft wird.

(2) Entscheidet sich der Kläger hingegen für einen Kostenantrag gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO, so geht die Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 1 GKG-KostVerz. verloren (s. auch Deckenbrock/Dötsch a.a.O. S. 1218; Stein/Jonas/Roth a.a.O. § 269 Rn 55; Zöller/Greger a.a.O.; Musielak/Foerste a.a.O.). Es hat nun zwar eine sachliche Prüfung nicht nur der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen (BGH, Beschl. v. 6.7.2005 – IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662, 1663 f.). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht, und die beklagte Partei hat ihrerseits Anspruch auf rechtliches Gehör mit der Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten (BGH, Beschl. v. 6.10.2005 – I ZB 37/05, NJW 2006, 775 f. Rn 10). Allerdings ist die Kostenregelung in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO der Regelung in § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO insofern nachgebildet, als in beiden Fällen über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozes...

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