Zu Leitsatz 1

Häufig wird auch die Rücknahme der Anklage durch die Staatsanwaltschaft oder die Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls in analoger Anwendung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV als ein Grund für die zusätzliche Gebühr angesehen. Dies ist in dieser Aussage jedoch unzutreffend. Allein die Rücknahme der Anklage oder die Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls beendet das Verfahren nicht. Dieser Fall ist daher mit einer "nicht nur vorläufigen Einstellung" nicht vergleichbar.[1]

Anders verhält es sich jedoch, wenn mit der Rücknahme der Anklage oder der Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls die Einstellung des Verfahrens einhergeht. In diesem Fall gilt unmittelbar Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV.[2]

Fehlt es ausdrücklich an einem Einstellungsbeschluss, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Staatsanwaltschaft mit der Rücknahme der Anklage oder der Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls gleichzeitig die Einstellung des Verfahrens konkludent erklären wollte. In diesem Fall ist Anm. Abs. 1 Nr. 1 anzuwenden.[3]

Das gilt auch dann, wenn schon ein Termin stattgefunden hat, die Hauptverhandlung aber ausgesetzt worden war.[4]

Die Rücknahme der Anklage oder des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls ist im Berufungsverfahren ebenfalls möglich, allerdings wegen § 156 StPO nur in den Fällen der §§ 153 Abs. 1, 153a Abs. 1, 153c Abs. 3 oder 153d Abs. 2 StPO.[5]

Zu Leitsatz 3

Die Teilnahme an einem Sachverständigentermin löst keine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV aus. Zwar wird die analoge Anwendung der Nr. 4102 VV in bestimmten Fällen für zulässig gehalten. Die bloße Teilnahme an einem Sachverständigentermin zählt jedoch nicht hierzu.

Nach Nr. 4102 VV erhält der Verteidiger eine zusätzliche Terminsgebühr für die Teilnahme an:

  richterlichen Vernehmungen (Nr. 4102 Nr. 1, 1. Alt. VV). Hierzu zählt auch die Teilnahme an polizeilichen Vernehmungen. Hier steht dem Verteidiger zwar kein Anwesenheitsrecht zu. Die Polizei kann den Verteidiger jedoch teilnehmen lassen.
  richterlichen Augenscheinseinnahmen (Nr. 4102 Nr. 1, 2. Alt. VV).
  Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere Strafverfolgungsbehörde (Nr. 4102 Nr. 2 VV).
  Terminen außerhalb der Hauptverhandlung, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird (Nr. 4102 Nr. 3 VV). Im Gegensatz zu den übrigen Alternativen ist für diese Gebühr noch erforderlich, dass eine Verhandlung tatsächlich stattfindet. Damit sollen ausweislich der Begründung des Gesetzgebers die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht erfasst werden. Für das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4102 Nr. 3 VV reicht es daher nicht, wenn in dem Termin nicht mehr geschehen ist als die reine Verkündung des Haftbefehls.[6] Schließt sich allerdings an die Verkündung des Haftbefehls eine Verhandlung über die Fortdauer der Untersuchungshaft an, soll die Terminsgebühr entstehen. Ebenso wenig genügt allein das Stellen eines Antrags auf Akteneinsicht, und die Übergabe von Akten stellt kein Verhandeln i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV dar.[7] Ein Verhandeln i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV liegt auch dann nicht vor, wenn der inhaftierte Beschuldigte dem zuständigen Richter zur Bekanntgabe eines Haftbefehls vorgeführt wird mit der bloßen Möglichkeit, sich zur Sache und zur Haftfrage zu äußern, hiervon aber – auf Anraten seines Verteidigers – keinen Gebrauch macht.[8] Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährung des rechtlichen Gehörs – mit anderen Worten das bloße Unterbreiten eines "Vernehmungsangebots" – macht den Haftbefehlsverkündungstermin noch nicht zum gerichtlichen Vernehmungstermin i.S.d. Nr. 4102 Nr. 1 VV.[9] Die Terminsgebühr Nr. 4102 Nr. 3 VV entsteht auch dann, wenn vor Aufruf der Sache zur Haftbefehlsverkündung längere und auch eingehende sachbezogene Erörterungen, u.a. zu den Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung, zu den Untersuchungshaftbedingungen und dergleichen stattfinden.[10]
  einem Termin über die Verkündung eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO (Nr. 4102 Nr. Nr. 3 VV).[11] Zu beachten ist hierbei, dass in den Fällen eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO bei dessen Verkündung eine Verhandlung zur Sache in der Regel vorausgeht; denn in diesen Fällen muss regelmäßig überprüft werden, ob der Angeklagte tatsächlich unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngeblieben ist. Anders als in den Fällen der Haftanordnung nach §§ 112 ff. StPO, in denen sich die Haftgründe in der Regel aus der Aktenlage ergeben, ist dies bei dem Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO nicht der Fall. Denn hier stellt sich nach Aktenlage die Sache zunächst nur so dar, dass der Angeklagte ohne weitere Erklärung der Hauptverhandlung ferngeblieben ist, so dass sich auf entsprechende Rückfragen neue, ihn entlastende Aspekte ergeben können.[12]
  Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs (Nr. 4102 Nr. 4 VV). Hiernach erhält der Verteidiger eine Terminsgebühr für die Teilnahme an Ver...

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