Der zulässige Antrag der Beklagten auf Entscheidung des Gerichts (§§ 165, 151 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist unbegründet. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat zu Recht die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte (fiktive) Terminsgebühr angesetzt.

Nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV entsteht die Terminsgebühr auch, wenn u.a. nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das erkennende Gericht hat in dem asylrechtlichen Dublin-Ausgangsverfahren mit Gerichtsbescheid der Klage stattgegeben und den streitbefangenen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Gegen diesen Gerichtsbescheid konnte gem. § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entweder die Zulassung der Berufung oder die mündliche Verhandlung beantragt werden; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen.

Das Gericht folgt nicht der von der Beklagten und Teilen der Rspr. (vgl. zur Übersicht nur: VG Hamburg, Beschl. v. 9.11.2017 – 1 KO 8346/17; juris m. w. N.) vertretenen Auffassung, wonach die Änderung von Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV zum 1.8.2013 der Erhebung der fiktiven Terminsgebühr entgegensteht. Zur Begründung dieser Änderung heißt es im Gesetzesentwurf (BT-Drucks 17/11471 [neu], S. 275):

"Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist. Im Fall des Gerichtsbescheids sowohl im Verfahren nach der VwGO als auch im Verfahren nach dem SGG liegt es allein in der Entscheidungsbefugnis des Gerichts, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu beenden. Die Beteiligten können in beiden Verfahrensarten nur dann eine mündliche Verhandlung beantragen, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist. Das Entstehen der Terminsgebühr, ohne dass ein Termin stattgefunden hat, soll daher auf diese Fälle beschränkt werden."

Die Änderung ist nicht so zu verstehen, dass die fiktive Terminsgebühr nur entsteht, wenn gegen den Gerichtsbescheid ausschließlich mündliche Verhandlung beantragt werden kann; also nur im Fall von § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Denn dieser tatbestandliche Anwendungsbereich ist gegenwärtig auf die Fälle beschränkt, in denen das BVerwG im Rahmen seiner Zuständigkeit als erstinstanzliches Gericht durch Gerichtsbescheid entscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., 2011, § 84 Rn 36 mit Verweis auf: BT-Drucks 11/7030, S. 27). Ob der Anwendungsbereich auch eröffnet ist, wenn das VG eine Klage nach dem Asylgesetz aufgrund von § 78 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet durch Gerichtsbescheid abweist (so: VG Hamburg, Beschl. v. 9.11.2017 – 1 KO 8346/17, juris), obwohl § 78 Abs. 1 S. 1 AsylG nur eine unanfechtbare Entscheidung durch Urteil und eben nicht durch Gerichtsbescheid vorsieht, ist nicht entscheidend. Denn es ist fernliegend, dass ausschließlich in diesen wenigen von § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO umfassten möglichen Fällen eine Termingebühr anfallen sollte, ohne dass dies in der Formulierung von Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV ausdrücklich kenntlich gemacht worden wäre (VG Hamburg, Beschl. v. 9.11.2017 – 1 KO 8346/17, juris).

In asylrechtlichen Entscheidungen ist ein Antrag auf mündliche Verhandlung nach Gerichtsbescheid stets statthaft. Denn nach dem AsylG darf das VG die Berufung nicht zulassen (§ 78 Abs. 2 S. 1 AsylG) und die Revision findet gegen erstinstanzliche Urteile nicht statt (§ 78 Abs. 2 S. 2 AsylG).

Darüber hinaus stellt die Beklagte nur darauf ab und verkürzt damit den Anwendungsbereich der Vorschrift, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers als obsiegende Partei einen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann. Die Vorschrift geht aber eindeutig davon aus, dass "die Beteiligten eine mündliche Verhandlung beantragen" können.

Die Beklagte versucht die Vorschrift nur auf den von ihr als Beklagte vertretenen asylrechtlichen Anwendungsbereich zu beschränken und lässt allein fiskalische Vorgaben vermuten. Dafür findet sich in der Vorschrift aber keine Stütze. So sind verwaltungsgerichtliche Anwendungsbereiche außerhalb des Asylrechts vorstellbar, wo auch auf Beklagtenseite eine anwaltliche Vertretung stattgefunden hat. Dieser unterliegende Beteiligte könnte dann eine fiktive Terminsgebühr im Gegensatz zu obsiegenden Beteiligten geltend machen, was zu Wertungswidersprüchen und rechtstaatlichen Verwerfungen führen würde (VG Hamburg, Beschl. v. 9.11.2017 – 1 KO 8346/17, juris).

Gleiches gilt, wenn argumentativ auf die Entlastung der Gerichte abgestellt wird. Gerade diese Entlastung gebietet es aber, auch für den prozessbevollmächtigen Rechtsanwalt eine Motivation zum Einverständnis zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid herbeizuführen. Denn bei dem Verzicht zur mündlichen Verhandlung nach § 101 A...

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