§ 14 RVG

Leitsatz

  1. Auch bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt.
  2. Eine Angelegenheit mit dem Vorwurf eines Rotlichtverstoßes ist durchschnittlich.
  3. Zur Bemessung der Terminsgebühr, wenn streitig ist, wie lange die Hauptverhandlung gedauert hat.

AG Paderborn, Urt. v. 7.12.2021 – 51a C 113/21

I. Sachverhalt

Der Kläger hat mit seiner beklagten Rechtsschutzversicherung um Freistellung von anwaltlichen Kosten in Zusammenhang mit einem gegen den Kläger geführten straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren gestritten. Die Rechtsschutzversicherung hat die vom Kläger jeweils geltend gemachten Gebühren nicht gezahlt, sondern den Kläger nur von unter den Mittelgebühren liegenden Gebühren freigestellt. Das AG hat die Rechtsschutzversicherung zur Zahlung des Restes verurteilt.

II. Auch im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grds. Mittelgebühr

Das AG ist von der Mittelgebühr als jeweils anzusetzender Gebühr ausgegangen. Nach zutreffender Ansicht sei bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grds. der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt (vgl. u.a. AG München, Urt. v. 2.12.2019 – 213 C 16136/19; AG Landstuhl RVGreport 2020, 295 = VRR 8/2020, 31; AG Trier AGS 2021, 66 = VRR 1/2021, 26). Insbesondere werde die Mittelgebühr in der Regel als gerechtfertigt angesehen, wenn ein Fahrverbot oder Eintragungen in das Verkehrszentralregister in Frage stehen (vgl. AG Frankenthal AGS 2005, 292; AG Viechtach AGS 2007, 83 f.; AG Pinneberg AGS 2005, 552 f.; AG Trier, a.a.O.; AG Hamburg-Harburg AGS 2021, 302 = VRR 11/2021, 29). Dies sei hier der Fall. Im Bußgeldbescheid sei gegen den Betroffenen ein Bußgeld i.H.v. 90,00 EUR festgesetzt worden. Diese Festsetzung ziehe die Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister nach sich.

III. Umstände des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG

Die gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände seien – so das AG – sämtlich durchschnittlicher Art. Mithin sei die die Bedeutung der Angelegenheit üblich gewesen, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien durchschnittlich gewesen und auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hätten keine andere Bewertung gefordert. Vorliegend sei lediglich ein Bußgeld von 90,00 EUR (samt Eintragung eines Punktes) Gegenstand des Bußgeldbescheides gewesen. Diese drohende Rechtsfolge entspreche jedoch durchaus dem Durchschnitt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten.

1. Bedeutung der Angelegenheit

Die Bedeutung der Angelegenheit bestimme sich nach der tatsächlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und persönlichen Bedeutung für den Auftraggeber. Maßstab sei sein persönliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse am Ausgang der Angelegenheit im Hinblick auf den von ihm erhofften Erfolg. Deshalb seien insbesondere Auswirkungen auf die berufliche oder persönliche Stellung des Auftraggebers, die grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit für ihn über den Einzelfall hinaus oder eine sonstige vom Auftraggeber zum Ausdruck gebrachte Bedeutung in der Bewertung zu berücksichtigen. Hierbei hat das AG neben dem wirtschaftlichen Interesse des Auftraggebers auch dessen ideelles Interesse als besonders maßgeblich angesehen. Der Vorwurf des Begehens einer Ordnungswidrigkeit müsse – sofern der Betroffene meint, die Ordnungswidrigkeit nicht begangen zu haben – angreifbar sein. Der Rechtsanwalt, welcher insoweit eingehend mit dem Kläger beraten habe, kenne die Umstände der Mandatsbearbeitung, die nicht sämtlich aktenkundig sein müssen, besser als ein Außenstehender, weshalb das Gericht die Angaben des Prozessbevollmächtigten, dass die Angelegenheit für den Kläger von Interesse gewesen sei, zugrunde lege.

Darüber hinaus sei dem Kläger mit dem Bußgeldbescheid eine Buße von 90,00 EUR auferlegt worden, welche die Eintragung eines Punktes im Register zur Folge gehabt habe. Auch wenn der Kläger in diesem Falle bereits Voreintragungen i.H.v. einem Punkt im FAER gehabt habe, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Entzug der Fahrerlaubnis drohte und die Entscheidung noch weiter reichende Konsequenzen privater und beruflicher Natur für den Kläger gehabt hätte. Daher sei die Bedeutung der Angelegenheit zumindest auch durchschnittlich.

2. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit

Auch Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit beurteilt das AG als durchschnittlich. Bei der dem Verfahren zugrunde liegenden Materie eines Rotlichtverstoßes habe es sich um eine durchschnittliche, keinen hervorgehobenen rechtlichen Anforderungen entsprechende Angelegenheit gehandelt, wie sie in einem derartigen Tätigkeitsgebiet aufgrund der Häufigkeit und Alltäglichkeit gehäuft vorkommt. Auch sei die Auseinandersetzung mit diesem Verstoß, welcher auf eingehenden und auch für den Laien verständlichen tatsächlichen Sachverhalten beruht, keiner gesonderten höherwertigen technischen Beurteilung zugänglich, so wie z.B. anderweitig die Durchdringung sachverständiger Messgutachten.

Auch der Umfang der Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es sei nach Erlass des Bußgeldbescheids lediglich die standardisierte Einle...

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