Von der Regelung in Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV erfasst werden zunächst die Fälle, in denen der Angeklagte oder ein Zeuge nicht erschienen oder die Richterbank nicht vollständig besetzt ist, z.B. weil ein Schöffe nicht erschienen ist oder der Vorsitzende (plötzlich) erkrankt ist[13] und/oder der Rechtsanwalt erst kurz vor Beginn der Hauptverhandlung erfährt, dass diese Hauptverhandlung nicht stattfinden kann. Erfasst wird aber auch der Fall, dass der Rechtsanwalt nicht oder nicht rechtzeitig abgeladen wird.[14] Auch, wenn das Gericht dem Verteidiger die Teilnahme am Termin zwar nicht durch Aufhebung des Termins, sondern durch Vorverlegung unmöglich macht, handelt es sich um einen Anwendungsfall der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV, die dann zumindest entsprechend anzuwenden ist.[15]

Entsprechendes muss gelten, wenn der Rechtsanwalt zum anberaumten Termin rechtzeitig erscheint, der Terminsbeginn sich aber verzögert und der Rechtsanwalt wegen anderer Termine nicht bis zum Terminsbeginn warten kann.[16] Ebenso erfasst werden die Fälle, in denen der Verteidiger in einem kurz vor der Hauptverhandlung vor Aufruf geführten Rechtsgesprächs einen Zeugen benennt, was dann noch zur kurzfristigen Aussetzung der Hauptverhandlung führt.[17] Ebenso steht dem Verteidiger eine Terminsgebühr [für eine Berufungshauptverhandlung] dann zu, wenn der Termin wegen einer vom Verteidiger – im Anschluss an ein Rechtsgespräch und nach Rücksprache mit dem Angeklagten – noch vor Beginn der Hauptverhandlung erklärten Berufungsrücknahme nicht stattfindet,[18] und zwar auch dann, wenn sich der Mandant erst kurz vor der Hauptverhandlung zur Berufungsrücknahme entschlossen hat.[19] Unter den Sonderfall wird man auch den Fall einordnen können, dass der Rechtsanwalt vor Beginn des Termins (kurzfristig) einen Befangenheitsantrag stellt, was dann zur Unterbrechung der Hauptverhandlung an dem Tag führt. Kotz geht schließlich davon aus, dass die Gebühr auch entsteht, wenn der Rechtsanwalt unverschuldet bei Gericht erst dann erscheint, wenn der Termin bereits stattgefunden hat, er aber dem Gericht gegenüber seine Verspätung bekannt gegeben und begründet hat, das Gericht jedoch nicht auf ihn gewartet hat.[20]

[13] BT-Drucks 15/1971, 221.
[14] Vgl. die Fallgestaltung bei LG Bonn AGS 2007, 563 m. Anm. N. Schneider = JurBüro 2007, 590 = RVGreport 2008, 61; s. auch LG Mühlhausen, Beschl. v. 12.7.2019 – 9 KLs 540 Js 55593/12.
[15] LG Dortmund RVGreport 2016, 221 = RVGprofessionell 2017, 58.
[16] Umkehrschluss aus LG Dortmund, a.a.O.
[17] LG Berlin RVGreport 2011, 64 = StRR 2010, 117 = RVGprofessionell 2010, 8.
[18] LG Potsdam AGS 2015, 381 = RVGreport 2015, 308 = NStZ-RR 2015, 231 = StRR 2015, 399.
[19] LG Potsdam, a.a.O.
[20] Vgl. Kotz, JurBüro 2008, 402, 403.

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