Hinweis

Der Fall: Der Anwalt hat einen Beamten des Bundesnachrichtendienstes in einem Klageverfahren gegen den Bundesnachrichtendienst vertreten. Das Klageverfahren auf Anerkennung der Folgen eines Dienstunfalls wurde nach Hauptsacheerledigung eingestellt mit Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten. Unstreitig ist auch eine Erledigungsgebühr angefallen. Bei der Abrechnung stellte sich die Frage, ob der Anwalt die Erledigungsgebühr nach Nr. 1000 VV i.V.m. Nr. 1003 VV mit dem Gebührensatz 1,0 oder in entsprechender Anwendung der Nr. 1004 VV mit dem Gebührensatz 1,3 abrechnen kann.

Über den Rechtsstreit des Klägers gegen den Bundesnachrichtendienst entscheidet nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO das BVerwG im ersten und letzten Rechtszug. In erstinstanzlichen Verfahren vor dem BVerwG erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr nach Nr. 3300 Nr. 2 VV mit dem Gebührensatz 1,6. Bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags ermäßigt sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3301 VV auf den Gebührensatz 1,0. Die Terminsgebühr erhält der Rechtsanwalt im erstinstanzlichen Verfahren vor dem BVerwG nach der Vorbem. 3.3.1 VV nach Teil 3 Abschnitt 1 VV, also nach Nr. 3104 VV. Neben diesen Gebühren erhält der Rechtsanwalt auch die Allgemeinen Gebühren des Teil 1 VV nach den Nrn. 1000/1002 VV mit dem Gebührensatz 1,5, der sich nach dem reinen Wortlaut der Nr. 1003 VV auf den Satz 1,0 ermäßigt, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbständiges Beweisverfahren anhängig ist.

Demgegenüber ermäßigen sich die Gebühren Nrn. 1000/1002 VV nur auf den Gebührensatz 1,3, wenn über den Gegenstand ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig ist. Die Frage ist nun, ob nur dann, wenn das Verfahren als Revisionsverfahren vor dem BVerwG anhängig ist, eine 1,3-Gebühr anfällt. M. E. fallen die Gebühren Nrn. 1000/1002 VV auch dann mit dem Gebührensatz 1,3 entsprechend der Nr. 1004 VV an, wenn es sich nicht um ein Revisionsverfahren, sondern um ein erstinstanzliches Verfahren vor dem BVerwG handelt.[1]

Die Regelung der Nr. 1004 VV muss im Zusammenhang mit den Gebührensätzen in den Berufungs- und Revisionsverfahren gesehen werden. Sowohl im Berufungsverfahren (Nr. 3200 VV) als auch im Revisionsverfahren (Nr. 3206 VV) ist der Satz der Verfahrensgebühr auf 1,6 erhöht. Mit der Erhöhung des Gebührensatzes auf 1,6 hat der Gesetzgeber die besondere Bedeutung der Verfahren und der Stellung des Gerichts deutlich gemacht. Die einzige Tatsacheninstanz bedingt für den Anwalt einen erhöhten Arbeitsaufwand und eine erhöhte Verantwortung.[2] Dieser besonderen Bedeutung ist der Gesetzgeber ersichtlich auch bei der Bestimmung des Gebührensatzes in Nr. 1004 VV gefolgt. Die durch die Nichteinbeziehung der erstinstanzlichen Verfahren vor dem BVerwG (und den OVG/VGH) in die Nr. 1004 VV bestehende Gesetzeslücke dürfte auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruhen.[3] Die Lücke ist im Wege der Analogie zu schließen.[4]

[1] Dies gilt auch für erstinstanzliche Verfahren vor dem OVG/VGH.
[2] BT-Drucks 15/1972 S. 266.
[3] Vgl. hierzu und zu weiteren Fallgestaltungen, in denen eine entsprechende Anwendung der Nr. 1004 VV angezeigt ist: N. Schneider, AnwBl 2005, 202 ff.; OLG Nürnberg AGS 2007, 493 m. zust. Anm. N. Schneider gegen OLG Hamm AGS 2007, 238 mit abl. Anm. N. Schneider; AnwK-RVG/N. Schneider/Wolf, Nr. 1004; AnwK-RVG/Wolf, Nr. 1002 Rn 31 ff.; Bischof, RVG Nr. 1004 VV Rn 3; zur vergleichbaren Anwendung in Verfahren vor den Finanzgerichten: FG Baden-Württemberg AGS 2007, 349 mit zust. Anm. N. Schneider; FG Rheinland-Pfalz AGS 2008, 181 = RVGreport 2008, 105 mit Anm. Hansens.
[4] AnwK-RVG/N. Schneider Nr. 1000 VV 154.

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