1. Grundsatz

Gem. § 103 Abs. 1 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Ein solcher zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch ein Vergleich, der zwischen den Parteien des Rechtsstreits vor einem deutschen Gericht abgeschlossen worden ist. Hierzu gehört auch ein nach § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich bestätigter Vergleich (s. Zöller/Geimer, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 794 Rn 7).

2. Kostengrundentscheidung für die Einigungsgebühr

a) Vergleichskosten grundsätzlich gegeneinander ausgehoben

Nach Auffassung des OLG Hamm muss die Kostengrundentscheidung auch die Einigungsgebühr erfassen, wenn diese zur Festsetzung angemeldet werde. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Dies hat das OLG Hamm damit begründet, die Kostenregelung in dem gerichtlich bestätigten Vergleich biete insoweit keine Grundlage, weil sich diese ihrem Wortlaut nach allein auf die Kosten des Rechtsstreits beziehe. Bei einem Prozessvergleich seien die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn die Parteien etwas anderes nicht vereinbart hätten. Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 98 ZPO würden nämlich die Kosten "des Rechtsstreits" weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassen. Vielmehr würden beide Gruppen von Kosten eigenen, zudem auch nicht notwendig ergebnisgleichen, Regeln folgen.

b) Keine abweichende Vereinbarung der Parteien

Der Kostenregelung in dem gerichtlich bestätigten Vergleich ist nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm nicht zu entnehmen, dass sich die Parteien darauf verständigt hätten, etwaige Vergleichskosten seien als "Kosten des Rechtsstreits" von der Kostenregelung im Vergleich umfasst. Konkrete Gespräche oder eine ausdrückliche Einigung der Parteien seien diesbezüglich nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Auch der Kläger habe sich allein darauf berufen, es könne regelmäßig angenommen werden, dass die Parteien bei Abschluss eines Prozessvergleichs dessen Kosten als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollten, weil dieser zum eigentlichen Prozessgeschehen gehöre und die Kosten gewöhnlich als Einheit angesehen würden (so auch BGH AGS 2009, 95 = RVGreport 2009, 23 [Hansens] = zfs 2009, 43 m. Anm. Hansens).

Allein der Umstand, dass die Parteien den Vergleich außergerichtlich vereinbart hatten und das Gericht dessen Zustandekommen und Inhalt gem. § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO durch Beschluss festgestellt hat, ist nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm kein ausreichender Grund für die Annahme, die Parteien hätten mit der Regelung bezüglich der Kosten des Rechtsstreits (konkludent) auch die Kosten des Vergleichs mit umfassen wollen. Ein solch weitgehendes Verständnis, das nach der Erfahrung des Senats auch nicht der Praxis entspreche, würde nämlich die gesetzliche Regelung des § 98 S. 1 ZPO aushöhlen. Insoweit hat der Senat seine früher vertretene Auffassung aufgegeben.

c) Ergebnis

Dies hat nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm zur Folge, dass mangels einer Vereinbarung der Parteien über die Verteilung etwaiger Vergleichskosten diese gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind. Folglich habe jede Partei ihre eigenen Vergleichskosten selbst zu tragen. Eine Festsetzung gegen die Beklagte scheide somit aus.

Das OLG Hamm hat gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen.

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