Vorab: Die gewährte Pauschgebühr ist nicht zu beanstanden, wenn man den Zeitaufwand des nach § 68b StPO beigeordneten Zeugenbeistandes sieht. Aber:

1. Das OLG argumentiert mal wieder – gebetsmühlenartig – damit, dass die "Bewilligung einer Pauschgebühr … dabei die Ausnahme dar[stelle]; die anwaltliche Mühewaltung müsse sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben." Das ist nicht richtig. Aber es ist müßig, gegen diese "heilige Kuh" der OLG, die man ohne Überprüfung aus der insoweit falschen Rspr. des BGH übernommen hat, anzuschreiben. Die OLG halten an dieser falschen Auffassung, die dazu führt, dass Pauschgebühren noch weniger gewährt werden, als es Ziel des RVG-Gesetzgebers war, fest. Damit muss man leider leben.

2. I.Ü. wird aus der Entscheidung nicht so ganz klar, wovon das OLG nun ausgeht. Geht man davon aus, dass die Tätigkeit des Zeugenbeistands auch hier – trotz des erheblichen Umfangs – noch eine Einzeltätigkeit war und somit nur eine Gebühr Nr. 4301 Nr. 4 VV angefallen ist? Sind dann nur 220,00 EUR angemessen zu erhöhen? Oder sieht man es wie das OLG Stuttgart (StRR 2010, 357 = RVGreport 2010, 340 = Justiz 2011, 367), das dann nicht mehr von einer Einzeltätigkeit ausgeht, wenn nach Art der übertragenen und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit eine faktisch umfassende Vertretung des Zeugen vorliegt?

Für letzteres dürfte die Höhe der gewährten Pauschgebühr sprechen. Denn geht man von einer Einzeltätigkeit aus, dann hätte an sich unter Anwendung der Grundsätze der OLG-Rspr. (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 51 Rn 54 ff.) nur eine Pauschgebühr i.H.d. Wahlanwaltshöchstgebühr bewilligt werden können. Das wären 506,00 EUR gewesen, wenn man davon ausgeht, was die h.M. tut, dass es sich trotz der sich über mehrere Vernehmungstermine erstreckenden Vernehmung nur um eine Einzeltätigkeit gehandelt hat (vgl. die Nachw. bei Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Teil A Rn 2627). Die bewilligte Pauschgebühr würde dann sicherlich den "Rahmen sprengen".

Geht man hingegen von einer "verteidigerähnlichen" Stellung aus, dann sind für den Zeugenbeistand die Gebühren Nr. 4100 VV und ggf. Nrn. 4104, 4118 VV und die entsprechenden Terminsgebühren Nr. 4120 VV, diese ggf. mit Längenzuschlag und Haftzuschlägen entstanden, also die vom Zeugenbeistand errechneten 8.213,00 EUR. Die Pauschgebühr würde dann unter den gesetzlichen Gebühren liegen, was der Regelung in § 51 Abs. 1 S. 2 RVG widersprechen würde.

Es wäre schön gewesen, wenn das OLG klar "Farbe bekannt" hätte. So lässt es den Leser etwas ratlos zurück.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 2/2023, S. 71 - 73

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