Es ist schon eine Seltenheit, wenn ein Bundesgericht im Rahmen einer Sachentscheidung (hier über die Anhörungsrüge) zu den hierdurch ausgelösten Gerichtskosten ausführlich Stellung nimmt. Denn an sich obliegt der Ansatz der Gerichtskosten nach § 19 GKG dem Kostenbeamten, der eigenverantwortlich auch prüft, welches Recht in Übergangsfällen anzuwenden ist. Das Gericht, das die Sachentscheidung getroffen hat, ist hierfür gar nicht zuständig. Es kann mit Gerichtskostenfragen erst nach Einlegung einer Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG befasst werden. Vorliegend hat der X. Senat des BFH die Entscheidung über die Höhe der Gerichtskosten an sich gezogen, ohne dass es für die Verfahrensweise eine gesetzliche Grundlage gibt. Die Entscheidung des BFH bedarf auch in der Sache einiger Anmerkungen.

1. Kostenentscheidung und Kostenschuldner

Kostenschuldner der für eine Anhörungsrüge anzusetzenden gerichtlichen Festgebühr ist gem. § 22 Abs. 1 S. 1 GKG derjenige, der die Anhörungsrüge erhoben hat (NK-GK/Fölsch, 3. Aufl., 2021, Nr. 1700 GKG KV Rn 6). Aus diesem Grunde ist die vom BFH hier getroffene Kostenentscheidung im Anhörungsrügeverfahren entbehrlich gewesen. Hat die Rüge Erfolg, fällt nämlich keine Festgebühr an. Wird sie in vollem Umfang verworfen oder – wie hier – zurückgewiesen, ist alleiniger Kostenschuldner der erst mit dieser Entscheidung ausgelösten Gebühr der Antragsteller. Folglich kann eine zu Lasten des Antragstellers ergangene Kostenentscheidung die Gesetzeslage lediglich bestätigen. Die überflüssige Kostenentscheidung führt dazu, dass der Antragsteller gem. § 29 Nr. 1 GKG auch Entscheidungsschuldner ist. Jedoch ändert sich durch die überflüssige Kostenentscheidung am Ergebnis nichts.

2. Prozesskostenhilfe

Die Prozesskostenhilfe oder das hierauf gerichtete Verfahren kann in verschiedener Weise Einfluss auf den Anfall der Festgebühr für das Anhörungsrügeverfahren haben.

a) Prozesskostenhilfe für das Ausgangsverfahren

Hat das Gericht der das rechtliche Gehör rügenden Partei für das Ausgangsverfahren PKH bewilligt, hat dies auf den Anfall der Festgebühr für das Anhörungsrügeverfahren keinen Einfluss. Dies wird damit begründet, dass die Anhörungsrüge einen eigenständigen Rechtszug begründet, sodass sich die für das Ausgangsverfahren bewilligte PKH hierauf nicht auswirkt (BGH AGS 2014, 290 = RVGreport 2014, 167 [Hansens]; BSG RVGreport 2016, 397 [Ders.]).

b) Fortsetzung des PKH-Bewilligungsverfahrens

Auch wenn mit der Anhörungsrüge ein Verfahren wegen PKH-Bewilligung fortgesetzt werden soll, das seinerseits gerichtsgebührenfrei ist, fällt bei Verwerfung oder Zurückweisung der Anhörungsrüge in vollem Umfang die dafür bestimmte Festgebühr an (BFH RVGreport 2015, 234 [Hansens] und auch der BFH hier).

c) Prozesskostenhilfe für das Anhörungsrügeverfahren

Wird der die Versagung des rechtlichen Gehörs rügenden Partei auf ihren Antrag und beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen PKH für das Anhörungsrügeverfahren bewilligt, führt dies dazu, dass die Festgebühr bei Verwerfung oder Zurückweisung der Anhörungsrüge in vollem Umfang nicht zu erheben ist (BGH AGS 2014, 290 = RVGreport 2014, 167 [Hansens]; BSG RVGreport 2016, 397 [Ders.]). Nach Auffassung des OLG Köln (RVGreport 2015, 156 [Hansens]) gilt dies jedoch nicht für ein Anhörungsrügeverfahren, das sich einem PKH-Bewilligungs- oder PKH-Beschwerdeverfahren anschließt.

3. Übergangsrecht

Die Argumente, die der BFH hier dafür anführt, dass trotz der hier erst am 20.7.2021 eingelegten Anhörungsrüge das bisherige bis zum 31.12.2020 geltende Gebührenrecht gilt, überzeugen nicht. Der BFH sieht das Anhörungsrügeverfahren als Teil eines einheitlichen Verfahrens, also als des Verfahrens an, das mit der Anhörungsrüge fortgesetzt werden soll. Wäre dies tatsächlich der Fall, so müsste sich auch eine für das Ausgangsverfahren bewilligte PKH auf das Anhörungsrügeverfahren mit der Folge auswirken, dass bei Verwerfung oder Zurückweisung der Anhörungsrüge die hierdurch ausgelöste Festgebühr nicht erhoben werden dürfte, was jedoch der BGH und das BSG je a.a.O. angenommen haben. Außerdem müsste dann an sich der Umstand, dass das PKH-Bewilligungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist, sich auch auf die Anhörungsrüge, das auf Fortsetzung des PKH-Bewilligungsverfahrens gerichtet ist, auswirken, wenn die Anhörungsrüge Teil des einheitlichen PKH-Bewilligungsverfahrens sein soll. Dies hat der BFH jedoch in st. Rspr. verneint (s. BFH RVGreport 2015, 234 [Hansens]; BFH/NV 2014, 1071).

4. Keine Festgebühr im Anhörungsrügeverfahren

In verschiedenen kostenrechtlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber ebenfalls Anhörungsrügen geregelt, etwa in § 12a RVG, § 69a GKG, § 61 FamGKG, § 84 GNotKG und § 4a JVEG. Auf diese Anhörungsrügen erstrecken sich die Gebührenregelungen der Nrn. 1700, 2600, 3920, 4500, 5400, 6400, 7400 und 8500 GKG KV sowie der Nr. 1800 FamGKG KV nicht. Folglich sind diese Anhörungsrügen auch im Falle ihrer vollständigen Verwerfung oder Zurückweisung gerichtsgebührenfrei (s. BVerwG AGS 2010, 194; OLG D...

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