Problem: Hohe Beratungsgebühr

Problematisch ist die Anrechnung, wenn die Beratungsgebühr höher ist als die nachfolgende Geschäfts- oder Verfahrensgebühr. Es stellt sich dann die Frage, ob auch auf die weitergehenden Gebühren anzurechnen ist.

Hiergegen spricht, dass Betriebsgebühren – und dazu zählt auch die Beratungsgebühr – grundsätzlich nur auf Betriebsgebühren anzurechnen sind, nicht aber auch auf andere Gebühren. Zudem spricht § 34 Abs. 2 RVG nur von der Anrechnung auf "eine Gebühr", die mit der Beratung zusammenhängt, nicht von "mehreren Gebühren" (s. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., 2019; § 34 Rn 63). Ungeachtet dessen wird aber auch die Auffassung vertreten, es sei auf alle Gebühren anzurechnen, also auch z.B. auf eine nachfolgende Terminsgebühr oder gar eine Einigungsgebühr.

 

Beispiel 2

Der Mandant hatte sich wegen einer Betriebskostenabrechnung umfassend beraten lassen. Es kommt anschließend zu einer Klage des Vermieters über einen Betrag i.H.v. 1.200,00 EUR. Es wird mündlich verhandelt.

a) Die Parteien hatten für die Beratung keine Vereinbarung geschlossen.

b) Die Parteien hatten für die Beratung eine pauschale Gebühr i.H.v. 400,00 EUR zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer vereinbart.

Da nichts Abweichendes vereinbart worden ist, wird die Beratungsgebühr auch jetzt auf die Vergütung im Rechtsstreit angerechnet.

Im Fall a) richtet sich die Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 S. 3 RVG und ist maximal 250,00 EUR anzusetzen, wovon hier ausgegangen werden soll.

 
I. Beratung
1. Beratungsgebühr,§ 34 RVG   250,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 270,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   51,30 EUR
Gesamt 321,30 EUR

Diese Gebühr wäre nunmehr nach § 34 Abs. 2 RVG anzurechnen. Rechnet man nur auf die Verfahrensgebühr an, begrenzt man die Anrechnung also auf die Höhe der Verfahrensgebühr, dann bliebe dem Anwalt die Terminsgebühr erhalten.

 
II. Gerichtliche Vertretung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   149,50 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
2. gem. § 34 Abs. 2 RVG anzurechnen   – 149,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   138,00 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 158,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   30,02 EUR
Gesamt 188,02 EUR

Im Fall b) würde sich die gleiche Berechnung ergeben, wenn man die Anrechnung begrenzt.

 
II. Gerichtliche Vertretung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   149,50 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   138,00 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
3. gem. § 34 Abs. 2 RVG anzurechnen   – 250,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 57,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   10,93 EUR
  Gesamt   68,43 EUR

Geht man dagegen davon aus, dass die Beratungsgebühr auch auf die Terminsgebühr anzurechnen sei, wäre im Fall a) der über die Verfahrensgebühr hinausgehende Betrag auf die Terminsgebühr anzurechnen, sodass nur noch ein Restbetrag verbleiben würde.

Im Fall b) würde sogar die Terminsgebühr durch die Anrechnung vollständig aufgezehrt.

 
II. Gerichtliche Vertretung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   149,50 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   138,00 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
3. gem. § 34 Abs. 2 RVG anzurechnen   – 287,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 20,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   3,80 EUR
Gesamt 23,80 EUR

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