Entscheidungsstichwort (Thema)

Bußgeldverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Bußgeldverfahren sind das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das gerichtliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten.

 

Tenor

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.06.2010 wird dahin abgeändert, dass dem früheren Betroffenen aus der Landeskasse gemäß § 467 StPO ein weiterer Betrag von 20,-- Euro (Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) zuzüglich 19% Mehrwertsteuer, insgesamt also 23,80 Euro zu erstatten ist.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

a.

Mit Bußgeldbescheid der Stadt Herford vom 27.04.2009 - Az.: 087.90626.4 - wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 70,- Euro festgesetzt. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, am 11.02.2009 gegen 14.01 Uhr als Fahrer eines Pkw mit Kennzeichen außerhalb einer geschlossenen Ortschaft in Herford auf der Löhner Straße die durch Verkehrszeichen angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 22 km/h überschritten zu haben. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde im Rahmen einer mobilen Geschwindigkeitskontrolle durch einen Radarmeßwagen der Stadt Herford festgestellt. Von dem Fahrzeug und dem Fahrer wurde ein "Frontfoto" gefertigt. Das Fahrzeug wurde nicht angehalten. Im Laufe der Ermittlungen kam die Stadt Herford zu dem Ergebnis, der Betroffene komme als Fahrer des Pkw in Betracht. Mit Schreiben vom 19.03.2009 übersandte die Stadt Herford dem Betroffenen daraufhin einen Anhörungsbogen, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Tatvorwurf zu geben: Auf dieses Schreiben reagierte der Betroffene nicht. Anschließend kam es zum Erlass des Bußgeldbescheides. Nach Zustellung des Bußgeldbescheides schaltete der Betroffene seinen Verteidiger ein, der mit Schreiben vom 12.05.2009 rechtzeitig Einspruch einlegte. In dem Einspruchsschreiben erfolgte keine Begründung. Der Verteidiger beantragte lediglich Akteneinsicht. Nachdem der Verteidiger Akteneinsicht bekommen hatte, teilte er mit Schreiben vom 27.05.2009 mit, der Betroffene sei nicht gefahren. Ein Mitarbeiter des Straßenverkehrsamtes könne bestätigen, dass es sich bei dem abgebildeten Pkw-Fahrer nicht um den Betroffenen handele. Auf diese Argumentation ging der zuständige Sachbearbeiter der Bußgeldstelle jedoch nicht ein. Er hielt den Tatvorwurf aufrecht und gab anschließend die Akten über die Staatsanwaltschaft Bielefeld an das Amtsgericht Herford ab. Im Hauptverhandlungstermin vom 15.01.2010 sprach das AG Herford den Betroffenen von dem Tatvorwurf aus tatsächlichen Gründen frei, Es ließ sich nämlich nicht ausschließen, dass ein Bruder des Betroffenen, der ihm sehr ähnlich sah, den Pkw zum Vorfallzeitpunkt gefahren hatte. In dem Urteil wurden die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Landeskasse auferlegt. Dieses Urteil ist seit dem 26.02.2010 rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 05.03.2010 beantragte der Verteidiger eine Kostenfestsetzung zu Lasten der Staatskasse in Höhe von insgesamt 789,27 Euro. In seinem Antrag brachte er dabei zweimal die Telekommunikationspauschale von jeweils 20,-- Euro zuzüglich 19 /0 Umsatzsteuer zum Ansatz. Zu diesem Antrag führte der Bezirksrevisor beim Landgericht Bielefeld aus, die Terminsgebühr sei übersetzt. Im Übrigen vertrat der Bezirksrevisor die Ansicht, die Postentgeltpauschale könne lediglich einmal berechnet werden. Dieser Rechtsansicht widersprach die Verteidigung mit Schreiben vom 17.05.2010 unter Berufung auf anderslautende Entscheidungen verschiedener Amtsgerichte.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Herford vom 21.06.2010 wurde ein Gesamtbetrag von 700,02 Euro als erstattungsfähige Auslagen gegen die Landeskasse festgesetzt. Die Postentgeltpauschale wurde dabei nur einmal in Höhe' von 20,-- Euro zuzüglich Umsatzsteuer gewährt. in dieser Entscheidung heißt es wie folgt:

"Die Auslagenpauschale ist nur einmal in Höhe von 20,-- Euro entstanden. Gemäß Nr. 7002 RVG VV kann die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in jeder Angelegenheit anstelle der tatsächlichen Aussagen nach Nr. 7001 RVG VV gefordert werden, wenn eine selbständige Angelegenheit vorliegt. Das bußgeldrechtliche Verfahren und das anschließende gerichtliche Bußgeldverfahren stellen jedoch nur eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne dar (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Auflage 2008, weitere Nachweise: Burhoff, Verkehrsrecht aktuell 2007, 130 ff.). Dies war schon unter Geltung der BRAGO herrschende Meinung. Nach dem nun geltenden RVG gilt nichts anderes."

Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Verteidiger am 30.06.2010 zugestellt

Mit Schreiben vom 05,07.2010, beim Amtsgericht Herford eingegangen am 06.07.2010, legte der Verteidiger befristete Erinnerung ein, soweit die Auslagenpauschale nur einmal festgesetzt wurde. Unter Berufung auf verschiedene gerichtliche Entscheidungen blieb er bei seiner Auffassung, er könne die genannte Pauschale zweimal berechnen, weil das Bußgeldv...

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