Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Stundung der Verfahrenskosten bei unterlassener zumutbarer Rücklagenbildung

 

Leitsatz (amtlich)

In der Verbraucherinsolvenz hat ein Schuldner, der die gesetzliche Restschuldbefreiung anstrebt, ab Beginn des außergerichtlichen Einigungsversuchs mit der Sorgfalt eines redlichen Schuldners nach besten Kräften Rücklagen für die Kosten des auf ihn zukommenden Insolvenzverfahrens anzusparen. Verstößt er gegen diese Pflicht, so ist er im Hinblick auf die Stundung so zu behandeln, als seien die verbrauchten Finanzmittel noch vorhanden.

 

Normenkette

InsO § 4a

 

Tenor

Der Antrag des Schuldners auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens wird abgelehnt.

Über den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses entschieden.

 

Tatbestand

I. 

  • Der Schuldner war nach eigenen Angaben bis 1991 als selbständiger und seither zeitweise als angestellter Binnenschiffer tätig. Von Juli 2000 bis April 2001 war er arbeitslos und nahm ab Mai 2001 eine bereits von Oktober 1998 bis April 2000 begonnene Umschulung zum Altenpfleger wieder auf. Er bezieht vom Arbeitsamt Wesel ein Unterhaltsgeld von wöchentlich 575,96 DM (vgl. Bescheid vom 17.05.2001; Bl. 137 d.A.); nach Abzug des abgetretenen pfändbaren Anteils verbleiben ihm wöchentlich 481,95 DM (vgl. Gutachten des Sachverständigen Z… vom 06.08.2001, S. 3, Bl. 166 d.A.).

    Die Ehefrau des Schuldners bezog von September 2000 bis Januar 2001 Arbeitslosenhilfe in Höhe von monatlich ca. 520,00 DM und von Februar bis September 2001 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich ca. 1.000,00 DM. Sie hat einen 1986 geborenen Sohn in die Ehe mitgebracht, für den sie monatlich Unterhaltszahlungen des Vaters in Höhe von ca. 600,00 DM und Kindergeld in Höhe von 270,00 DM erhält.

  • Im Jahr 1998 sprach der Schuldner zum ersten Mal bei der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werks in Wesel wegen einer Regulierung seiner Schulden vor. Die Schuldnerberatungsstelle leitete am 07.09.2000 mit einem Anschreiben an die Gläubiger den außergerichtlichen Einigungsversuch ein (Bl. 3 – 8 d.A.). Er scheiterte.

    Am 28.02.2001 hat der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und die anschließende Restschuldbefreiung beantragt. Das Gericht hat den Schuldner mit der Eingangsbestätigung vom 01.03.2001 u.a. auf die Obliegenheit zur Rücklagenbildung für die Verfahrenskosten hingewiesen (Bl. 55 d.A.).

    Der vorgelegte Schuldenbereinigungsplan ist von den Gläubigern nicht angenommen worden. Im Auftrage des Gerichts hat der Sachverständige Z… am 06.08.2001 ein Gutachten über die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners erstattet (Bl. 164 ff d.A.). Er kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, daß der Schuldner bei einem Schuldenstand von ca. 101.354,00 DM zahlungsunfähig ist, sein gegenwärtiges Vermögen und seine in absehbarer Zeit verfügbaren Einkünfte aber zur Deckung der Verfahrenskosten voraussichtlich nicht ausreichen werden. Das Gericht hat dem Schuldner mit Schreiben vom 09.08.2001 Gelegenheit gegeben, innerhalb eines Monats einen Kostenvorschuß von 2.500,00 DM einzuzahlen.

    Daraufhin hat der Schuldner mit Schreiben vom 20.08.2001 (Bl. 183 d.A.) Prozeßkostenhilfe für die Eröffnung und Durchführung des Insolvenzverfahrens und mit Schreiben vom 04.12.2001 (Bl. 292 d.A.) Stundung der Verfahrenskosten beantragt.

 

Entscheidungsgründe

II. 

  • Der Antrag des Schuldners auf Stundung der Verfahrenskosten ist unbegründet. Nachdem durch das am 1.12.2001 in Kraft getretene InsOÄndG 2001 die §§ 4a bis 4d in die Insolvenzordnung eingefügt worden sind, besteht zwar nunmehr grundsätzlich die Möglichkeit, einem Schuldner die Kosten des von ihm beantragten Insolvenzverfahrens zu stunden. Die Voraussetzungen für eine Stundung liegen aber hier nicht vor.

    a) Grundlegende Bedingung für die Stundung der Verfahrenskosten ist, daß das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken (§ 4a Abs. 1 Satz 1 InsO). Dabei kommt es nicht allein auf das tatsächlich vorhandene Vermögen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Wie die Prozeßkostenhilfe ist auch die Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO eine besondere Form der Sozialhilfe. Deshalb ist die Stundung, ebenso wie im Zivilprozeßrecht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe, zu verweigern, wenn der Antragsteller seine Einkünfte oder sein Vermögen ohne dingende Notwendigkeit vermindert hat, obwohl ihm bewußt war oder er zumindest ernsthaft damit rechnen mußte, daß ein kostenträchtiges Gerichtsverfahren auf ihn zukommen werde (vgl. zur Prozeßkostenhilfe: OLG Bamberg FamRZ 1986, 699, 700; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 729; OLG Koblenz Rpfleger 1989, 417; Wax, in: Münchener Komm. z. ZPO, 1992, § 114 RdNr. 47, § 115 RdNr. 37; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 114 RdNr. 72ff, jeweils m.w.N.).

    Für den Bereich des Insolvenzverfahrens folgt dies in besonderer Weise aus dem gesetzlichen Grundsatz, daß nur ein redlicher Schuldner Gelegenheit zur Restschuldbefr...

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