Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Herausgabe

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin vermietete dem Beklagten mit Mietvertrag vom 09.09.2003 eine Wohnung im Anwesen … in Dresden.

Vor Abschluss des Mietvertrages füllte der Beklagte am 20.08.2003 einen „Fragebogen zur Vorbereitung eines Mietvertragsabschlusses” aus. In dem Fragebogen wurde unter Ziff. 7 gefragt, ob es zur Zeit Lohn- und Gehaltspfändungen gibt. Als mögliche Antworten wurden „Nein” bzw. „Ja in Höhe von Euro” vorgegeben. Der Beklagte kreuzte „Nein” an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Fragebogen vom 20.08.2003 Bezug genommen.

Am 20.11.2002 hatte der Beklagte vor dem Amtsgericht Erfurt eine eidesstattliche Versicherung abgelegt. Hierauf wies der Beklagte im Fragebogen vom 20.08.2003 nicht hin.

Außerdem legte der Beklagte vor Mietvertragsabschluss eine Mietschuldenfreiheitsbestätigung einer Frau von 08/2003 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Mietschuldenfreiheitsbestätigung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 10.11.2003 machte der Beklagte eine Mietminderung wegen verschiedener Mängel geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Schreiben vom 10.11.2003 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 01.12.2003 erklärte die Klägerin die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung, da der Beklagte bei Abschluss des Mietvertrages verschwiegen habe, dass er die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, und da die vorgelegte Mietschuldenfreiheitsbestätigung falsch sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Schreiben vom 01.12.2003 Bezug genommen.

Die Klägerin meint, dass das Mietverhältnis mit Zugang der Anfechtungserklärung vom 01.12.2003 beendet gewesen sei. Die Klägerin sei zur Anfechtung berechtigt gewesen, da die Angaben des Beklagten über seine finanziellen Verhältnisse falsch gewesen seien. Der Beklagte habe auch ohne Nachfragen der Klägerin die Pflicht gehabt, vor Vertragsschluss die Klägerin über seine schwierige finanzielle Situation aufzuklären. Die Klägerin habe mit dem Fragebogen und der darin enthaltenen Fragestellung zur Lohn- und Gehaltspfändung zum Ausdruck gebracht, dass sie ein erhebliches Interesse an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des zukünftigen Mieters habe.

Sie behauptet, es sei ihr darauf angekommen, nur mit Mietern mit stabiler wirtschaftlicher Situation Mietverträge abzuschließen, da die Gefahr des Forderungsausfalls ansonsten zu hoch sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im … Dresden, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Balkon und Kellerraum … zu räumen und an sich herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Anfechtung des Mietvertrages sei mangels Anfechtungsgrund unwirksam. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sage schon nichts über die Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungsmoral eines Mieters aus, da der Mieter trotz der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgrund der Pfändungsfreibeträge zur umfänglichen und pünktlichen Mietzinszahlung in der Lage sein könne.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung (§ 546 Abs. 1 BGB). Das Mietverhältnis ist nicht durch die Anfechtungserklärung der Klägerin vom 01.12.2003 beendet worden.

Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund.

Die Klägerin konnte das Mietverhältnis nicht aufgrund arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) anfechten. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht besteht, wobei entscheidend ist, ob der Vertragspartner nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte.

Eine solche Aufklärung konnte im vorliegenden Fall nicht erwartet werden. Der Mieter muss grundsätzlich nicht von sich aus offenbaren, dass er bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (vgl. Schmidt/Futterer, Mietrechtskommentar, 8. Aufl., Rz 186 f. zu § 543 m.w.N.). Der Mieter darf den Mietvertrag nur dann nicht abschließen bzw. hätte eine entsprechende Offenbarungspflicht, wenn er weiß, dass er die Miete nicht bezahlen kann. Dies ist nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung jedenfalls nicht zwangsläufig der Fall. Auch insoweit besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen über finanzielle Mittel zu verfügen.

Auch aus dem „Fragebogen zur Vorbereitung eines Mietvertragsabschlusses” ergibt sich keine Offenbarungspflicht hinsichtlich einer abgegebenen eidesstattlichen Versicherung. Für den Beklagten war hieraus ni...

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