Leitsatz

  • Verfahrenskosten gemäß § 16 Abs. 5 WEG sind gesondert abzurechnen (nicht in der Jahresgesamtabrechnung)

    Entlastung des Verwaltungsbeirats nicht ordnungsgemäß, wenn Ersatzansprüche möglich erscheinen

    Wirtschaftsplan muss auch Aufteilungsschlüssel und die einzelnen Wohngeldvorauszahlungsbeträge angeben

 

Normenkette

§ 16 Abs. 5 WEG, § 28 Abs. 1, 5 WEG, § 29 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

Zu 1.

Kosten gerichtlicher Verfahren nach § 43 WEG sind keine Ausgaben, die der Gemeinschaft zur Last fallen, sodass sie auch nicht in eine Jahresabrechnung eingestellt werden dürfen. Über sie ist vielmehr gesondert abzurechnen. Es genügt nicht, dass § 16 Abs. 5 WEG erst bei den Einzelabrechnungen berücksichtigt wird. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. BayObLGZ 1987, 86, 92 und BayObLG, Beschluss v. 09.08.1990, 2 Z 83/90). Auch wenn - wie im vorliegenden Fall - Antragsteller nicht mit einem Anteil der Gerichtskosten in den Einzelabrechnungen belastet wurden, widerspricht die Abrechnung dem Grundsatz des § 16 Abs. 5 WEG und damit ordnungsgemäßer Verwaltung. Ein Antragsrechtsschutzbedürfnis ist insoweit nicht zu leugnen.

Zu 2.

Der Eigentümerbeschluss über die Entlastung der Mitglieder eines Verwaltungsbeirats entspricht ebenfalls nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und ist deshalb für ungültig zu erklären, wenn ein Ersatzanspruch gegen die Mitglieder des Beirats im Zusammenhang mit der Prüfung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan möglich erscheint. Auch Beiratsmitglieder haften nach herrschender Meinung den übrigen Eigentümern nach den bürgerlich-rechtlichen Regelungen der unentgeltlichen Geschäftsbesorgung, also insbesondere nach Vorschriften über den Auftrag ( §§ 662ff. BGB). Jegliche Entlastungsbeschlüsse entsprechen nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die entlasteten Personen objektiv keine Pflichtverletzung begangen haben. Ob Mitglieder eines Beirats es schuldhaft unterlassen haben, die Rechnungsentwürfe des Verwalters wegen darin enthaltener Fehler zu beanstanden, wäre erst in einem möglichen Verfahren auf Schadenersatz zu erörtern, nicht aber bereits bei der Frage der Entlastung (mit Anspruchsverzichtswirkung). Solange ein Ersatzanspruch möglich erscheint, widerspricht die Entlastung ordnungsgemäßer Verwaltung. Fehlende Entlastung ist auch für Beiräte nicht unzumutbar, da mögliche Ersatzansprüche nicht von einzelnen Eigentümern geltend gemacht werden könnten, sondern wie auch ein Ersatzanspruch gegen den Verwalter einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss voraussetzen (BGHZ 106, 222).

Zu 3.

Enthält ein Wirtschaftsplan lediglich die Gesamtbeträge der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, ohne den Aufteilungsschlüssel und die auf jeden einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Wohngeldbeträge anzugeben, so entspricht er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung; ein Eigentümerbeschluss, der einen solchen Wirtschaftsplan billigt, ist für ungültig zu erklären (Abgrenzung zu BayObLG Z 1989, 310). Ein insoweit nicht § 28 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG entsprechender Wirtschaftsplan ist nicht nur lückenhaft, sondern mit einem so grundlegenden Fehler behaftet, dass ein Beschluss über einen solchen "Rumpfwirtschaftsplan" für ungültig zu erklären ist. Im Gegensatz zur Jahresabrechnung hat die Aufstellung der Gesamteinnahmen und -ausgaben im Wirtschaftsplan keine eigenständige Bedeutung, da es sich ohnehin nur um Prognosezahlen handelt, bei deren Festlegung den Wohnungseigentümern ein weites Ermessen zusteht (BayObLG, WE 1989, 64/65). Im Wirtschaftsplan handelt es sich beim Verteilungsschlüssel und bei den einzelnen Beitragsleistungen um die eigentlich wichtigen Angaben, die erst fällige Zahlungsverpflichtungen festlegen. Fehlende Einzelaufteilung im Wirtschaftsplan führt deshalb zur Ungültigerklärung eines allein auf den Gesamtwirtschaftsplan beschränkten Eigentümerbeschlusses (anders als bei der Jahresabrechnung).

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung besteht zumindest dann noch, wenn der Eigentümerbeschluss über eine inzwischen vorgenommene Abrechnung ebenfalls angefochten wurde. Sollte dieser Abrechnungsgenehmigungsbeschluss aufgehoben werden, würde es ohne wirksam beschlossenen Wirtschaftsplan an jeder Rechtsgrundlage für Wohngeldzahlungen fehlen. Ein ordnungsmäßiger und vollständiger Wirtschaftsplan müsse hier deshalb als subsidiäre Anspruchsgrundlage für das Wohngeld nochmals aufgestellt und beschlossen werden, solange der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht bestandskräftig geworden sei.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 12.06.1991, BReg 2 Z 49/91)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

1. Die strenge Rechtsprechung des BayObLG zur Abrechnung von Verfahrenskosten gem. § 16 Abs. 5 WEG (an der nach wie vor festgehalten wird), bleibt für mich unverständlich, kennt man die überwiegende Finanzierungspraxis solcher Verfahrenskosten. Kaum ein Verwalter legt hier eigene Verfahrensfinanzierungskonten an, zumal ein Sonderinkasso für solche Vorschusskosten sehr umständlich, zeitaufwendig und sicher im Eigen...

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