Sollte man das Rechtsschutzbedürfnis einer Anfechtungsklage gegen die Abberufung des Verwalters bejahen und unterbleibt die Bestellung eines Nachfolgeverwalters, ist der Grundsatz der Gesamtvertretung der Wohnungseigentümer zu berücksichtigen:

Die Anfechtungsklage ist gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG zwingend gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Vertreten wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zunächst sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG durch den Verwalter.

Da der Beschluss über die Abberufung des Verwalters zur unmittelbaren Beendigung des Verwalteramts führt, fehlt es aber – haben die Wohnungseigentümer nicht über die Bestellung eines Nachfolgeverwalters beschlossen – an einem vertretungsberechtigten Verwalter. In diesem Fall vertreten nun nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich im Wege der Gesamtvertretung die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Seit Inkrafttreten des WEMoG können die Wohnungseigentümer für vergleichbare Fälle keinen Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus ihren Reihen mehr bestellen, wie dies gem. § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG a. F. möglich war. Entsprechende Beschlüsse haben mit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 ihre Wirkung verloren. Entsprechendes gilt für die auf Grundlage der alten Rechtslage gem. § 45 Abs. 2 WEG a. F. bestellten Ersatzzustellungsvertreter sowie deren Stellvertreter. Auch solche Beschlüsse haben keine Geltung bzw. Wirkung mehr.

Wesen der Gesamtvertretung ist nun, dass sämtliche Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Dies wirft in aller Regel Probleme bei einem aktiven Handeln für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, also der Aktivvertretung, auf. Die Wohnungseigentümer müssen, wenn sie einen Vertragsschluss herbeiführen wollen, nicht gleichzeitig aber gleichgerichtet handeln.

Im Fall der Passivvertretung gilt grundsätzlich anderes. Wird etwa eine Willenserklärung gegenüber einem der Wohnungseigentümer abgegeben, so gilt diese als der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugegangen. Entsprechendes gilt auch für Zustellungen. Konkret genügt also die Zustellung der Anfechtungsklage an einen der Wohnungseigentümer. Dessen Aufgabe ist es dann, die übrigen Wohnungseigentümer von der Klageerhebung in Kenntnis zu setzen. Tatsächlich steht er dann allein vor einem erheblichen Problem. Der Gesetzgeber sieht zwar in seiner Gesetzesbegründung vor, dass in den Fällen, in denen ein Verwalter fehlt, "dem Gericht ggf. eine Informationspflicht obliegen könne".[1] Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die Praxis zu dieser "laxen" Aussage positionieren wird. Ein Anspruch auf Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO dürfte nicht bestehen, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerade über gesetzliche Vertreter verfügt – eben die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit.

Eine entsprechende Anwendung der Bestimmung des § 57 ZPO dürfte ausscheiden, da der Gesetzgeber die Problematik im Rahmen der Gesetzesbegründung durchaus gesehen und angerissen hat.

Es vermag einmal prognostiziert werden, dass die Gerichte wohl tatsächlich Informationspflichten treffen werden. Die Grundlagen zur Erfüllung dieser Pflichten wird allerdings der Kläger liefern müssen. Insoweit dürfte für derartige Fälle immer noch die Eigentümerliste von Bedeutung bleiben, obwohl die Klage gerade nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu erheben ist.[2]

[1] BT-Drs. 19/18791, S. 81.
[2] Siehe ausführlich auch Blankenstein, WEG-Reform 2020, S. 568 f.

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