Rz. 143

In der Annahme eines Auftrags ist der RA grds. frei. Er kann regelmäßig nicht gezwungen werden, einen bestimmten Auftrag anzunehmen und diesen auszuführen. Auch wird vom RA nicht verlangt, dass er unentgeltlich tätig ist. Der RA kann, darf, sollte und muss in heutigen Zeiten die Annahme des Auftrags von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen. Die Annahme des Auftrags hängt dann von einer Bedingung ab – nämlich der Zahlung des Vorschusses durch den Auftraggeber. Selbstverständlich kann der RA den Auftrag annehmen und zunächst keinen Vorschuss geltend machen. In diesen Fällen geht er aber das Risiko ein, dass sein Vergütungsanspruch nicht erfüllt wird.

 

Rz. 144

Selbstverständlich gibt es Auftraggeber, die schon lange Jahre durch den RA vertreten werden. Hat sich bereits ein besonderes Vertrauensverhältnis herausgebildet und der Auftraggeber durch sein bisheriges Zahlungsverhalten bewiesen, dass keine Ausfälle zu befürchten sind, muss kein Vorschuss gefordert werden. Aber achten Sie einmal darauf, wie schnell man sich in der Einschätzung des Zahlungsverhaltens eines Auftraggebers irren kann. Häufig zahlt gerade der Auftraggeber, bei dem man davon ausging, er würde sicher zahlen, bei Beendigung der Angelegenheit dann nicht.

 

Rz. 145

Vorsicht ist geboten, wenn der Auftraggeber nach einem Anwaltswechsel Ihnen das Mandat überträgt. Selbstverständlich kann es gute Gründe dafür geben, dass der Mandant den RA gewechselt hat. Können Sie aber sehen, dass dies nicht das erste Mal der Fall ist und Sie in einer Reihe von Kollegen nur eine weitere beauftragte Kanzlei sind, sollten Sie hier vor einem Tätigwerden einen angemessenen Vorschuss fordern.

 

Rz. 146

Will der Auftraggeber Ihnen ein Mandat übertragen, bei dem innerhalb kürzester Zeit Fristen abzulaufen drohen (insbesondere Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelfristen), sollten Sie ohne Vorschuss nicht tätig werden. In solchen Fällen droht neben dem Vergütungsausfall auch noch ein erhebliches Haftungsrisiko. Nicht selten überlassen Ihnen potenzielle Auftraggeber unaufgefordert Unterlagen zum Verfahren, ohne dass bereits ein Auftragsverhältnis zustande gekommen ist. Hier sollten Sie unverzüglich reagieren. Ihre zeitliche Reaktion sollte so erfolgen, dass der Auftraggeber noch Gelegenheit zu zahlen hat oder aber einen anderen RA mit seiner Vertretung beauftragen kann.

 

Rz. 147

Muster 9.12: Vorschussanforderung bei drohendem Fristablauf – Neumandat

 

Muster 9.12: Vorschussanforderung bei drohendem Fristablauf – Neumandat

Versand des Schreibens per Fax, E-Mail und mit einfacher Post, wenn möglich

Anrede,

wir danken, für die ohne unsere Aufforderung zur Verfügung gestellten Unterlagen. Diesen Unterlagen konnten wir entnehmen, dass in Ihrer Angelegenheit bis zum _________________________ beim _________________________ Gericht das Rechtsmittel der _________________________ einzulegen ist. Diese Frist ist unverlängerbar.

Das Rechtsmittel ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung beim bisherigen Prozessbevollmächtigten zu begründen. Hier gäbe es die Möglichkeit, die Begründungsfrist zustimmungsfrei um einen Monat zu verlängern, mit Zustimmung des Rechtsmittelgegners kann die Rechtsmittelbegründungsfrist um zwei Monate verlängert werden.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir hier die Auftragsübernahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen. Aus der in der Anlage beigefügten Vorschussrechnung können Sie einen Vorschuss in Höhe von _________________________ EUR entnehmen.

Da die Frist bereits am _________________________ abläuft, müssen Sie bitte sicherstellen, dass uns dieser Vorschuss vorher zugeht. Der Nachweis einer bankbestätigten Überweisung ist ausreichend (jedoch nicht der Nachweis lediglich einer Onlinebank). Sie können jederzeit den Vorschussbetrag bar in unserer Kanzlei während der aus dem Briefbogen ersichtlichen Öffnungszeiten leisten. Auch die Möglichkeit der Zahlung des Vorschussbetrages mittels ec-Karte (und PIN/oder Geheimnummer) ist in unserer Kanzlei möglich.

Ohne erfolgten Zahlungsausgleich wird keine Tätigkeit durch uns erfolgen, denn es liegt noch kein wirksames Auftragsverhältnis vor. Eine Tätigkeit gegenüber dem Gericht muss innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgen. Wird die Rechtsmittelfrist versäumt, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass das Gericht Wiedereinsetzung gewähren würde, wenn der Anwaltsvertrag aufgrund Nichtzahlung eines Vorschusses nicht zustande gekommen ist.

Wir werden hier auch nicht im Rahmen der sog. Prozesskostenhilfe tätig. Denn bis zum Bewilligungsbeschluss des Gerichts ist eine Sicherung unserer Vergütung nicht gegeben. Auch vermögen wir die Erfolgsaussichten eines weiteren Vorgehens nicht einzuschätzen, da auch eine diesbezügliche Tätigkeit unsererseits von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht wird.

Sollten Sie jetzt davon Abstand nehmen, uns beauftragen zu wollen, bitten wir um entsprechende Informatio...

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