Rz. 139

Der besondere Teil soll dem Anwender die Abrechnung der materiell-rechtlich erläuterten familienvermögensrechtlichen Fallkonstellationen anhand von praktischen Beispielsfällen ermöglichen und nimmt deshalb Bezug auf die einzelnen Kapitel.

I. Eheverträge und/oder Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrags über Trennungs- und Scheidungsfolgen im Familienvermögensrecht (§ 2)

 

Rz. 140

 

Beispiel

Die Eheleute haben sich getrennt und streiten außergerichtlich über Zugewinnausgleichsansprüche. Sie haben sich unter Mitwirkung ihrer Anwälte auf einen von der Ehefrau an den Ehemann zu zahlenden Zugewinnausgleich in Höhe von 50.000 EUR und im Übrigen darüber geeinigt, Gütertrennung zu vereinbaren, nachdem der Ehemann Zugewinnausgleich in Höhe von 70.000 EUR geltend gemacht hatte. Das Vermögen der Ehefrau beträgt 300.000 EUR bei Verbindlichkeiten in Höhe von 200.000 EUR, während der Ehemann über keinerlei Vermögenswerte verfügt. Der Anwalt der Ehefrau ist beauftragt worden, eine entsprechende Scheidungsfolgenvereinbarung zu entwerfen, die auch beurkundet wird.

1. Gegenstandswert

 

Rz. 141

Der Gegenstandswert für den Zugewinnausgleichsanspruch ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 35 FamGKG. Die beziffert geltend gemachte Forderung entspricht 70.000 EUR, sodass für die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit dieser Betrag maßgebend ist. Die Vereinbarung der Gütertrennung kann hingegen nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein, sodass der Wert insoweit nach § 23 Abs. 3 S. 1 RVG i.V.m. § 100 Abs. 1 GNotKG zu bemessen ist. Der Wert entspricht danach 150.000 EUR (300.000 EUR abzüglich der Verbindlichkeiten bis zur Höhe der Hälfte des Werts des gesamten Vermögens, d.h. –150.000 EUR). Die jeweiligen Werte sind unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 RVG zu addieren, sodass die anwaltliche Vergütung auf der Grundlage eines Gegenstandswerts in Höhe von 220.000 EUR zu bemessen ist.

2. Anwaltliche Vergütung

 

Rz. 142

Nach einem Gegenstandswert in Höhe von 220.000 EUR entsteht für die Mitwirkung bei der Gestaltung des Vertrags (Anm. Abs. 3 zu Vorbem. 2.3 VV RVG) eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 in Höhe der Mittelgebühr, da die Angelegenheit umfangreich und schwierig gewesen ist sowie eine Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV RVG:

 

Rz. 143

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG   3.199,50 EUR
(Wert: 220.000 EUR)    
2. 1,5-Einigunggebühr nach Nr. 1000 VV RVG    3.199,50 EUR
(Wert: 220.000 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
Zwischensumme 6.419,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   1.219,61 EUR
Gesamt 7.638,61 EUR

II. Aufteilung von Finanzanlagen (§ 3 A.)

 

Rz. 144

 

Beispiel

Die Eheleute haben in der Ehezeit einen gemeinsamen Bausparvertrag abgeschlossen. Die Ehefrau verlangt die hälftige Aufteilung des Guthabens in Höhe von 1.200 EUR und fordert den Ehemann auf, eine gemeinsame Kündigung des Bausparvertrags gegenüber der Bausparkasse zu erklären. Der Ehemann weigert sich, die Kündigungserklärung abzugeben. Die Ehefrau nimmt den Ehemann daraufhin zur Abgabe der Kündigungserklärung gerichtlich in Anspruch. Der Ehemann wird aufgrund mündlicher Verhandlung zur Abgabe der Kündigungserklärung verpflichtet.

1. Gegenstandswert

 

Rz. 145

Der Gegenstandswert für den Antrag richtet sich nach § 42 Abs. 1 FamGKG, das heißt nach billigem Ermessen. Maßgeblich für die Bewertung ist insoweit das Interesse, das die Ehefrau an der Aufteilung des Guthabens hat. Dieses entspricht einem Betrag in Höhe von 600 EUR.

2. Anwaltliche Vergütung

 

Rz. 146

Nach einem Gegenstandswert in Höhe von 600 EUR können die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten abrechnen wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 600 EUR) 104,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 600 EUR) 96,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG  20,00 EUR
Zwischensumme 220,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG  41,80 EUR
Gesamt 261,80 EUR

III. Gesamtschuldner- und -gläubigerausgleich (§ 3 B. und C.)

 

Rz. 147

 

Beispiel

Der Sohn der beteiligten Eheleute ist Eigentümer einer Immobilie; seinen Eltern hat er als Gesamtberechtigte ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht eingeräumt. Die Mieteinnahmen in Höhe von monatlich 1.000 EUR hat er für einen Zeitraum von 10 Monaten an seine Mutter gezahlt. Der Ehemann nimmt seine Ehefrau nunmehr auf Zahlung eines Gesamtgläubigerausgleichsanspruchs in Höhe von 5.000 EUR in Anspruch.

1. Gegenstandswert

 

Rz. 148

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 35 FamGKG. Er entspricht dem Wert der beziffert geltend gemachten Forderung und beträgt demnach 5.000 EUR.

2. Anwaltliche Vergütung

 

Rz. 149

Nach einem Wert in Höhe von 5.000 EUR können die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten abrechnen wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 5.000 EUR) 393,90 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 5.000 EUR) 363,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG  20,00 EUR
Zwischensumme 777,50 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG  147,73 EUR
Gesamt 925,23 EUR

IV. Teilungsversteigerung (§ 3 E.)

 

Rz. 150

 

Beispiel

Der Anwalt stellt für die Ehefrau den Antrag auf Versteigerung der im Bruchteilseigentum stehenden Immobilie der Eheleute (jeweils ½-Miteigentumsanteil). Der Ehemann lässt sich in diesem Verfahren ebenfalls vertreten.

1. Gegenstandswert

 

Rz. 151

Der Wert für das gerichtliche Verfahren wird entsprechend dem Verkehrswert der Immobilie auf 200.000...

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