Rz. 95

Jene Klausel erfasst die Reste der früheren Allmählichkeitsklausel aus § 4 I Ziff. 5 AHB 1999, die jedoch schwer fassbar war und deshalb auch als intransparent galt.[85]

Ausgeschlossen sind durch Grundstückssenkungen und Erdrutschungen sowie Gewässerüberschwemmungen entstehende Sachschäden. Dies gilt nach dem Wortlaut auch für daraus folgende Vermögens-, nicht aber für Personenschäden. Der Unterschied zu der in den AHB 1999 deutlich weiter gefassten Regelung zeigt, dass nur besonders ungewöhnliche Schadensverläufe und damit unberechenbare Gefahren vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. Die Regelung wird daher auch als "Katastrophenklausel" bezeichnet.[86] Sinn und Zweck des Ausschlusses sind neben der Herausnahme unkalkulierbarer Risiken aus dem Versicherungsschutz auch die in den entsprechenden Fällen auftretenden Beweisschwierigkeiten.[87]

 

Rz. 96

Ziff. 7.14 AHB schließt auch durch (nicht häusliches) Abwasser entstehende Schäden vom Versicherungsschutz aus. In den AVB findet sich diese Regelung nicht, weil A 1 Ziff. 6.5 AVB-PHV bzw. 6.2.6. AVB-BHV bestimmte Abwasserschäden (aber auch nur diese) einschließen.

Abwasser ist Wasser, das infolge einer Beeinflussung in seiner Brauchbarkeit gemindert ist (z.B. durch Keimeintritt) und deshalb abgeleitet wird. Auf den Gebrauch des Wassers kommt es, auch wenn das den Hauptanwendungsfall darstellen mag, nicht an. Der Ausschluss erklärt sich in der besonderen Gefahranfälligkeit und den damit unüberschaubaren Veränderungen der Wasserqualität. Regenwasser, das unverändert abgeleitet wird, ist kein Abwasser.[88]

 

Rz. 97

Eine Senkung von Grundstücken liegt vor, wenn Bodenschichten ihr Volumen verringern, dadurch ihre Festigkeit und Tragfähigkeit verringern und in sich zusammensinken, ohne dass dies plötzlich (etwa durch Explosion) geschieht. Vielmehr ist für diesen Ausschluss ein allmählicher Vorgang erforderlich.[89]

 

Rz. 98

Bei plötzlichen Ereignissen kann eine Erdrutschung vorliegen. Sie ist gegeben, wenn sich ein Teil der Erdoberfläche aus seinem natürlichen Zusammenhang mit seiner Umgebung löst und in Bewegung übergeht.[90] Es handelt sich damit um eine Sammelbezeichnung für Erdbewegungen jeder Art, die auf einer Lösung des Zusammenhaltes von Erdmassen beruhen. Dabei ist unerheblich, ob menschliches Handeln oder Naturereignisse ursächlich waren.[91]

In der Betriebshaftpflichtversicherung der Bauunternehmer werden Erdrutschungen als branchentypisches Risiko, das der Versicherungsnehmer natürlich abgedeckt wissen will, regelmäßig eingeschlossen. Hierauf sollte man bei Vertragsabschluss genau achten.

 

Rz. 99

Die Senkungen und Erdrutschungen müssen sinnlich wahrnehmbar sein. So greift der Ausschlusstatbestand für beide Varianten nicht, wenn eine lediglich messbare Bodenverformung eintritt, die durch Störung bodenmechanischer Verhältnisse zu Mauerwerksrissen führt.[92]

 

Rz. 100

Überschwemmung ist jede Überflutung des anliegenden Geländes durch aus einem Gewässerbett austretendes Wasser. Nur oberirdische Wasserverschiebungen zählen dazu.[93] Das Gewässer kann natürlich oder auch künstlich sein, muss aber eine gewisse Größe haben. Daran fehlt es etwa bei Regentonnen o.Ä.[94]

[85] Vgl. OLG Nürnberg r+s 2002, 499 mit Anm. Schiminkowski = VersR 2002, 967; a.A. LG Hannover zfs 2009, 215.
[86] Vgl. MüKo/Büsken, Band 2.1.A. Rn 232.
[87] Vgl. OLG Saarbrücken VersR 2005, 394 = NJOZ 2005, 283.
[88] Vgl. BGH NJW 1973, 366 = MDR 73, 392 (zur Abgrenzung und zu vom Hausdach durch Fallrohr abgeleitetes Regenwasser).
[89] Vgl. MüKo/Büsken, Band 2.1.A. Rn 234 m.w.N.
[90] Vgl. OLG Koblenz r+s 2004, 191 = VersR 2004, 724 (Fahrbahnabrutsch nach Außenmauerabbruch).
[91] Vgl. OLG Köln r+s 2009, 149 (Bergbauschäden); OLG Schleswig VersR 2011, 341 (Grasaushubarbeiten eines Schäfers).
[92] Vgl. OLG Oldenburg NJW-RR 2004, 894 = r+s 2004, 373 = VersR 2005, 262 (wo der Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung aber an der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung scheiterte).
[93] Vgl. BGH v. 11.1.1962. – II ZR 246/59.
[94] Vgl. MüKo/Büsken, Band 2.1.A. Rn 236.

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