Rz. 270

Das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht muss in jeder Beziehung ein eigenständiges Anrecht sein. Das bedeutet, dass es in jeder Beziehung von dem ausgeglichenen Anrecht losgelöst sein muss. Veränderungen in Bezug auf das ausgeglichene Anrecht (z.B. dessen Auflösung) dürfen keine Rückwirkungen auf das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht haben.

 

Rz. 271

 

Beispiel

M hat aus der Ehezeit ein betriebliches Anrecht i.H.v. 200 EUR Monatsrente. Nach der Scheidung und dem internen Ausgleich des Anrechts wird die Versorgung von M wegen eines persönlichen Fehlverhaltens, das den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigte, widerrufen. Auf die Versorgung seiner Ex-Frau, die sie durch den internen Ausgleich erworben hat, darf das keinen Einfluss haben, weil ihr Anrecht von dem Schicksal des Ausgangsanrechts völlig entkoppelt wurde.

 

Rz. 272

Das Gleiche gilt für den Tod des Ausgleichspflichtigen nach der Scheidung. Stirbt dieser, erlöschen zwar seine Anrechte, soweit es keine Hinterbliebenen gibt, an welche eine Hinterbliebenenversorgung geleistet werden muss. Auf das Anrecht des Ausgleichsberechtigten, das dieser im Wege des internen Ausgleichs erworben hat, hat der Tod des Ausgleichspflichtigen aber keine Auswirkungen.

 

Rz. 273

Realisiert werden kann diese Stellung des Ausgleichsberechtigten nur durch die Schaffung einer eigenen Rechtsposition zugunsten des Ausgleichsberechtigten; der Ausgleichsberechtigte wird selbst zum Mitglied des Versorgungssystems bzw. zum Versicherten. Die bloße Abtretung des Ausgleichswerts (ähnlich wie in den Fällen des § 21 VersAusglG beim Wertausgleich nach der Scheidung) reicht nicht, weil dann das abgetretene Recht mit dem Tod des Ausgleichspflichtigen erlischt.[183] Seine Berechtigung endet aber auch mit dem, was ihm durch den Ausgleich übertragen wurde. Er kann deswegen das erworbene Anrecht nur dann weiter ausbauen, wenn der Versorgungsträger ihm das aufgrund der für ihn maßgebenden rechtlichen Bedingungen gestattet. Aus der Tatsache des Erwerbs der Rechtsstellung als Mitglied des Versorgungsträgers allein kann dagegen noch nicht hergeleitet werden, dass der Ausgleichsberechtigte befugt ist, die erworbene Stellung (z.B. durch Weiterversicherung, Aufzahlung oder Ähnliches) auszubauen.

 

Rz. 274

Ausgeschlossen ist, dass ein Versorgungsträger die Anrechte der Ausgleichsberechtigten in selbstständige Untergesellschaften auslagert oder sogar mit anderen Versorgungsträgern vereinbart, dass für die Ausgleichsberechtigten dort Anrechte begründet werden sollen (z.B. eine Lebensversicherung als 100 %ige Tochter).[184] An derartige Überlegungen ist v.a. bei Direktversorgungszusagen auf betrieblicher Ebene zu denken, wo der Versorgungsträger ein großes Interesse daran hat, die Ausgleichsberechtigten aus dem engeren betrieblichen Umfeld herauszuhalten. Selbst wenn das Anrecht, das bei dem anderen Versorgungsträger begründet wird, genau die gleichen Eigenschaften hat wie das ausgeglichene Anrecht, erfüllt das Anrecht aber nicht die Voraussetzungen der §§ 10, 11 VersAusglG, denn der interne Ausgleich verlangt nach seinem Gesamtkonzept, dass das Anrecht bei genau dem Versorgungsträger begründet wird, bei dem auch das auszugleichende Anrecht besteht. Andernfalls liegt ein externer Ausgleich vor (§ 14 VersAusglG), der nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 14 bis 17 VersAusglG zulässig ist.[185]

[183] BGH FamRZ 1985, 799, 800 zum früheren Recht.
[184] Anders die frühere Rechtslage in Bezug auf die Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG; vgl. BGH FamRZ 2008, 1421 f.; OLG Saarbrücken OLGR 2005, 12.
[185] So auch NK-BGB/Götsche, § 11 VersAusglG Rn 15.

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