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Art. 15 EGBGB, Güterrechtsstatut, bezieht das gesamte Vermögen der Eheleute ein, unabhängig wo es gelegen ist. Der Grundsatz des lex rei sitae[63] ist nicht anzuwenden. Dies ist zunächst der Grundsatz, von dem es jedoch durch Art. 3a Abs. 2 EGBGB und Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB Ausnahmen gibt. Eine Güterrechtsspaltung liegt immer dann vor, wenn bestimmte Teile des Vermögens der Ehegatten einem anderen Güterrechtsstatut unterfallen als das sonstige Vermögen.[64] Ist eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB getroffen gilt für das Immobiliarvermögen ein anderes Recht als für das sonstige Vermögen. Sofern die Voraussetzungen des Art. 3 a EGBGB, Vorrang des Rechts der Belegenheit, vorliegen, wird das Recht der fremden Rechtsordnung akzeptiert.

Hier dazu zwei Beispiele:[65]

 

Beispiele

1. Die Eheleute F und M sind italienische Staatsangehörige. M erwirbt in Deutschland käuflich ein Grundstück. Die Eheleute haben keinen Ehevertrag geschlossen. Wer ist Eigentümer des Grundstücks?

Die Voraussetzungen für den rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb bestimmen sich nach deutschem Recht (§§ 873, 925 BGB). Wer jedoch Eigentümer geworden ist, entscheidet das Güterrechtsstatut. Im vorliegenden Fall ist das Güterrechtsstatut italienisches Recht, welches eine solche Verweisung annimmt. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand des italienischen Rechts. Danach fällt das von M erworbene Grundstück in das Gesamtgut der Eheleute.[66] Diese Folge wird von der deutschen lex rei sitae hingenommen, da mit dem Sachenrecht vereinbar. Ist also nur M im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, ist das Grundbuch unrichtig.

2. Der Erblasser E war deutscher Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland. Er war mit einer Deutschen D verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder. Einen Ehevertrag gibt es nicht. E hat ein Grundstück in England während der Ehe erworben. Nach welchem Recht erfolgt die Abwicklung des Grundstückes in England?

Das englische Recht stellt auf das Recht des Lageortes ab. Für das Güterrecht wird ebenfalls auf das lex rei sitae verwiesen und eine Spaltung zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen vorgenommen. Damit unterliegt das Erb- und Güterrechtsstatut dem deutschen Recht. Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Daraus errechnet sich auch der Erbanteil der D zu ½ Erbin. Für das Grundstück in England gilt jedoch der Art. 3 a Abs. 2 EGBGB, das englische Recht hat Vorrang. Die Vermögensmassen werden voneinander getrennt.[67]

Das lex rei sitae geht im Beispiel 2 dem Güterrechtsstatut vor.

[63] Lex rei sitae, lat. für das Recht der belegenen Sache, d.h. das Recht des Ortes, an dem sich eine Sache aktuell und physisch befindet.
[64] Niethammer-Jürgens, Intern. Familienrecht in der anwaltl. Praxis, S. 66.
[65] Entnommen von Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 147 ff. und 149 ff.
[66] Art. 159, 177 ital. CC "communione legale", LG Heilbronn, IPRspr 1980 NR. 65b, S. 208 f., Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 148.
[67] Andrae, Intern. Familienrecht, § 3 Rn 149,150; Bergmann/Ferid/Henrich, Großbritannien, S. 56.

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