Rz. 67

Ob der verletzungsbedingte Fortfall oder die Beeinträchtigung der Haushaltsführung in einer nicht-ehelichen Gemeinschaft einen Haushaltsführungsschaden (Berücksichtigung der Fremdversorgung des Partners) ebenso wie in der Ehe begründet, wird in Rechtsprechung[63] und Literatur[64] weitgehend abgelehnt oder allenfalls bei besonderer Situation[65] zugelassen.

 

Rz. 68

Gegenüber dem nicht-ehelichen Lebenspartner bestehen grundsätzlich keine gesetzlichen Unterhaltspflichten; eine entsprechende Anwendung der Regeln über den Ehegattenunterhalt kommt nicht in Betracht.[66] Soweit im SGB II für die Berechnung der Leistungen an eine Bedarfsgemeinschaft bei der Feststellung der Hilfsbedürftigkeit auch Einkommen und Vermögen von Personen, die dem Antragstellenden zwar nicht zum Unterhalt verpflichtet sind, mit diesem aber tatsächlich zusammenleben, berücksichtigt werden, führt dies nicht dazu, dass die rechtliche Beurteilung der Frage des Bestehens von Unterhaltspflichten von nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften anders zu beantworten ist.[67] Unterhaltspflichten können im Gegensatz zu auf freiwilliger Basis gewährten Leistungen nicht jederzeit und ohne Weiteres beendet werden. Zieht ein Ehegatte aus der gemeinsamen Ehewohnung aus, ist er dennoch weiter unterhaltspflichtig, was bei dem Auszug eines nicht-ehelichen Lebenspartners hingegen nicht der Fall ist. Auch für die Beurteilung der Frage der Hilfsbedürftigkeit werden nur tatsächliche Bedarfsgemeinschaften berücksichtigt. Zieht hier der Lebenspartner aus, fällt die Bedarfsgemeinschaft auseinander.

 

Rz. 69

Die im Gegenzug für eine Unterhaltsleistung (Barunterhalt, Unterkunft) erbrachte Haushaltsführung[68] kann durchaus eine "wirtschaftlich sinnvolle Verwertung"[69] von Arbeitskraft sein. Aber nur, wenn nicht-eheliche Partner bereits vor[70] dem Unfall verbindlich Haushaltsleistungen als Gegenleistung zur Unterhalts- und Versorgungsleistung geregelt hatten, ist bei unfallkausaler Beeinträchtigung des Haushaltsführenden ein Ausfallschaden anzunehmen.[71]

 

Rz. 70

Haben die außerehelichen Partner vertraglich geregelt,[72] dass Haushaltsleistungen als Gegenleistung zur Unterhalts- und Versorgungsleistung erfolgen, ist bei unfallkausaler Beeinträchtigung des Haushaltsführenden ein entsprechender Verdienstausfallschaden anzunehmen. Werden diese Haushaltsleistungen aber freiwillig und ohne wechselseitige Verpflichtung erbracht, können sie also jederzeit wieder eingestellt werden, entfällt ein Schaden (zu den Einzelheiten siehe Rn 45 ff.).[73] Es sind an die Darlegung der entsprechenden Abreden erhöhte Anforderungen zu stellen.[74]

[63] OLG Celle v. 12.2.2009 – 5 U 138/08 – jurisPR-VerkR 19/2009, Anm. 2 (Anm. Jahnke) = NZV 2009, 400 (nur Ls.) = SP 2009, 288; OLG Düsseldorf v. 27.4.2009 – I-1 U 95/08 – jurisPR-VerkR 20/2009, Anm. 3 (Anm. Jahnke); OLG Düsseldorf v. 12.6.2006 – I-1 U 241/05 – NJW-RR 2006, 1535 = NJW-Spezial 2006, 450 = NZV 2007, 40 = OLGR 2007, 522 = r+s 2006, 436; OLG Düsseldorf v. 21.2.1991 – 13 U 177/90 – VersR 1992, 1418 (Der Verlust der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, ist nur dann ein Erwerbsschaden i.S.v. § 843 I Alt. 1 BGB, wenn sie der Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten dient; die Führung des Haushalts in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft reicht hierfür nicht aus); KG v. 26.7.2010 – 12 U 77/09 – jurisPR-VerkR 1/2011, Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2010, 1460 = NJW-RR 2010, 1687; OLG Köln v. 11.3.1982 – 3 W 18/82 – zfs 1984, 132; OLG Nürnberg v. 10.6.2005 – 5 U 195/05 – DAR 2005, 629 = FamRZ 2005, 2069 (Anm. Löhnig) = HVBG-Info 2005, 939 = JurBüro 2006, 276 = MDR 2006, 93 = NJW-Spezial 2006, 210 (nur Ls.) = NZV 2006, 209 = OLGR 2005, 618 = r+s 2005, 440 = SP 2006, 132 = VersR 2007, 248; OLG Oldenburg v. 4.7.2005 – 11 U 4/05 –; LG Hildesheim v. 6.7.2000 – 1 S 36/00 – SP 2000, 410 = VersR 2002, 1431; LG Krefeld v. 9.10.2003 – 3 S 30/03 – SP 2003, 418; AG Gelsenkirchen v. 20.2.2001 – 14 C 367/00 – SP 2001, 197; AG Krefeld v. 3.4.2003 – 70 C 457/02 – SP 2003, 269; AG Wuppertal v. 12.3.2009 – 312 C 77/08 – SP 2009, 325; OLG Karlsruhe v. 6.3.1992 – 9 U 189/91 – DAR 1993, 391 (Zu Unrecht zitiert von Hillmann zfs 1999, 229, worauf LG Hildesheim SP 2000, 410 ausdrücklich hinweist) bezieht sich nur auf § 843 I Alt. 2 BGB; OLG Rostock v. 14.6.2002 – 8 U 79/00 – zfs 2003, 233 lässt ausdrücklich offen, ob ein Anspruch besteht, da ein solcher bereits nicht geltend gemacht wurde.
[64] Böhme/Biela, Kap. 4 Rn 200; Filthaut, § 6 Rn 28; Jahnke "Versorgungsschaden in der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nach einem Unfall" NZV 2007, 329; Küppersbusch/Höher, Rn 183; Palandt-Sprau, § 843 Rn 8; Schirmer "Nichteheliche Lebensgemeinschaft im Versicherungs- und Verkehrsrecht" DAR 2007, 2; siehe auch die Entschließungen des 23. VGT 1985, Arbeitskreis II, Ziff. 4 sowie des 45. VGT 2007, Arbeitskreis I, Ziff. 3.
[65] LG Zweibrücken v. 29.6.1993 – 3 S 94/93 – HVBG-Info 1994, 2697 = JuS 1995, 12 (Anm. Gotthardt) = NJW 1993, 3207 (Anm. Raiser NJW 1994, 2672) = VersR 1994, ...

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