Rz. 54

Grds. kann der Kläger die Klage von dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bis zu der Rechtskraft eines Urteils zurücknehmen.

 

Rz. 55

Daran sind jedoch besondere Voraussetzungen bzw. Einschränkungen gebunden: Bis zu einen Termin zur mündlichen Verhandlung über die Hauptsache kann der Kläger die Klage ohne Zustimmung des Beklagten jederzeit zurücknehmen.

 

Rz. 56

Nach einer wirksam erfolgten Klagerücknahme kann der Kläger die Klage jederzeit wieder erheben, denn in diesem Fall gilt der Rechtsstreit als nicht anhängig. Die Rechtshängigkeit entfällt rückwirkend. Ein ergangenes und nicht rechtskräftiges Urteil verliert seine Wirkung.

 

Rz. 57

Hat jedoch ein Termin zur mündlichen Verhandlung zur Hauptsache stattgefunden, ist bei einer danach erfolgten Klagerücknahme die Zustimmung des Beklagten erforderlich (§ 269 Abs. 1 ZPO).

 

Rz. 58

Der Beklagte kann seine Zustimmung verweigern, wenn er ein Interesse an einer Entscheidung in dem Verfahren hat. Ggf. würde die Klage des Klägers abgewiesen, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage ist, seinen Anspruch zu beweisen. Er könnte jedoch zu einem späteren Zeitpunkt – im Fall einer erneuten Klageerhebung – den Beweis führen und in dem Rechtsstreit obsiegen. Im Fall eines rechtskräftigen Urteils hat der Kläger keine Möglichkeit, die Klage erneut zu erheben.

 

Rz. 59

 

Beispiel:

Kläger A verklagt den Beklagten B auf Zahlung. Die einzigen Zeugen, die seinen Vortrag in der Klageschrift beweisen können, kann der Kläger postalisch nicht ermitteln. Vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung überlegt der Kläger aufgrund der schlechten Beweislage, die Klage zurückzunehmen, da die einzigen Zeugen, für ihn nicht erreichbar sind.

In diesem Stadium des Verfahrens benötigt er die Zustimmung des Beklagten nicht. Er könnte die Klage zurücknehmen. Ermittelt er die Zeugen zu einem späteren Zeitpunkt, könnte der Kläger erneut Klage erheben.

Hat jedoch ein Termin in der Hauptsache stattgefunden oder erklärt der Kläger in diesem Termin die Klagerücknahme, muss, damit die Klage wirksam zurückgenommen werden kann, der Beklagte der Klagerücknahme zuzustimmen. Widerspricht der Beklagte, kann der Kläger die Klage nicht zurücknehmen.

Im Zweifel unterliegt der Kläger in dem Rechtsstreit mangels Beweiskraft.

 

Rz. 60

Der Widerspruch des Beklagten bei einer erklärten Klagerücknahme ist an Fristen gebunden. Gem. § 269 Abs. 2 ZPO muss der Beklagte, sofern der Kläger die Klagerücknahme nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des klägerischen Schriftsatzes über die Klagerücknahme, dieser widersprechen. Widerspricht der Beklagte nicht fristgerecht, so gilt seine Zustimmung zur Klagerücknahme als erteilt, wenn er zuvor auf die Folgen des nicht fristgerechten Widerspruchs hingewiesen wurde.

 

Rz. 61

Da es sich der in § 269 Abs. ZPO genannten Frist um eine Notfrist handelt, kann der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO einlegen. Hat er die Einlegung der Notfrist nicht schuldhaft versäumt, wird dem Antrag stattgegeben.

 

Rz. 62

 

Praxistipp:

Notieren Sie bitte immer die in § 269 Abs. 2 ZPO genannte zweiwöchige Notfrist, sofern eine Klagerücknahme der Gegenseite erfolgt.

Belehren Sie den Mandanten auf die Folgen im Hinblick auf die Zustimmung oder den Widerspruch bei der Klagerücknahme.

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