Rz. 11

Auch der Antrag auf Erlass eines Grundurteils kann prozessual nutzbringend sein: Mit einem solchen Urteil entscheidet das Gericht nach § 304 Abs. 1 ZPO vorab über den Grund des Anspruchs, wenn die Parteien sowohl darüber als auch über den eingeklagten Betrag streiten. Steht durch ein Grundurteil fest, dass der Beklagte dem Grunde nach (oder ggf. zu einem bestimmten Prozentsatz) haftet oder dem Grunde nach verpflichtet ist, an den Kläger einen (noch zu bestimmenden) Betrag zu zahlen, erhöht dies eventuell die Chancen auf eine schnelle vergleichsweise Einigung der Parteien.

 

Rz. 12

Prozessual bindet das Grundurteil für das Betragsverfahren (§§ 318, 512, 548 i.V.m. § 304 Abs. 2 ZPO). Ein Grundurteil ist ein materielles Zwischenurteil besonderer Art. Es entscheidet nur über den Grund des Anspruchs und beendet den Rechtsstreit (bei einer Stattgabe) nicht; dies geschieht erst durch das Endurteil im Betragsverfahren. Das Grundurteil ist nur in Betreff der Rechtmittel als Endurteil anzusehen (§ 304 Abs. 2 ZPO) und deshalb selbstständig anfechtbar. Über die Kosten wird erst im Endurteil über den Betrag entschieden.

 

Rz. 13

Eventuell schafft ein Grundurteil als Vorabentscheidung über den Grund auch Rechtssicherheit: Wird die Klage in zweiter Instanz abgewiesen, spart der Kläger immerhin Prozesskosten, die andererseits durch möglicherweise aufwendige Beweisaufnahmen in erster Instanz entstanden wären. Jedoch ist Vorsicht angebracht: Greift der Beklagte das Grundurteil mit der Berufung an, kann sich der Erlass eines Urteils zur Zahlung des eingeklagten Betrages deutlich verzögern. Dadurch kann der Kläger erst wesentlich später vollstrecken.

 

Rz. 14

Ob ein Grundurteil ergehen soll, steht im freien, durch das Rechtsmittelgericht nicht nachprüfbaren, gerichtlichen Ermessen.[2] Ein Antrag auf Erlass eines Grundurteils ist ein Prozessantrag.

 

Formulierungsbeispiel:

Zitat

Antrag auf Erlass eines Grundurteils

In pp. beantrage ich,

gegen den Beklagten ein Grundurteil des Inhalts zu erlassen, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers aus dem Grundstückskaufvertrag vom […] dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

Begründung:

Das Gericht hat sämtliche zum Anspruchsgrund angetretenen Beweise erhoben. Also ist der Rechtsstreit insoweit im positiven Sinn entscheidungsreif.

Zum genauen Umfang der Klageforderung ist noch eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Der Kläger geht davon aus, dass der Beklagte ohnehin Berufung einlegen wird, um seine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach anzugreifen. Daher ist eine Vorabentscheidung über den Grund sinnvoll, bevor betragsmäßig zur Höhe weiter Beweis erhoben wird. […].

[2] BGH, Urt. v. 25.9.2002 –XII ZR 55/00, juris Rn 2 = NJW-RR 2003, 68–69.

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