Rz. 176

Nachdem die Besteuerung positiver Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten vorstehend erläutert wurde, sind Gegenstand der Darstellung im Folgenden die Besonderheiten negativer Einkünfte aus diesen Betriebsstätten.

a) Nicht-Vorliegen eines DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Betriebsstättenstaat

 

Rz. 177

Besteht zwischen dem Betriebsstättenstaat und der Bundesrepublik Deutschland kein DBA, gelten die Grundsätze des Welteinkommensprinzips für die Besteuerung der Einkünfte aus dem ausländischen Staat, so dass auch die Verluste der ausländischen Betriebsstätte in die deutsche Körperschaftsbesteuerung einbezogen werden. Dadurch können auch inländische Gewinne durch ausländische Verluste kompensiert werden, was im Ergebnis die inländische Körperschaftsteuerbelastung reduziert.

 

Rz. 178

Von diesem Grundsatz sieht § 2a EStG jedoch Ausnahmen vor. So sind insbesondere nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG negative Einkünfte aus einer in einem Drittstaat[122] belegenen Betriebsstätte regelmäßig nur mit positiven Einkünften derselben Art und aus demselben Staat ausgleichs- bzw. abzugsfähig.[123] Indes ist der unbeschränkte Abzug derartiger (Drittstaaten-)Verluste wiederum zulässig, wenn sie aus einer aktiv tätigen Betriebsstätte stammen (§ 2a Abs. 2 EStG).[124] Sollte danach ein Verlust im Jahre seiner Entstehung nicht unmittelbar ausgleichsfähig sein, kann der Verlust nach § 2a Abs. 1 Satz 3 EStG auf die nächsten Jahre vorgetragen werden, um schließlich in den folgenden Jahren mit positiven Einkünften derselben Art aus demselben Staat ausgeglichen zu werden.

 

Rz. 179

Vor der Änderung durch das JStG 2009 galt die Verlustabzugsbeschränkung nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. auch für Betriebsstätten innerhalb der EU. Da vergleichbare Einschränkungen im Rahmen der Berücksichtigung inländischer Verluste nicht existierten, sprach Vieles gegen ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten der EU.[125] Auf Aufforderung der EU-Kommission wurde daher die Anwendung des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der ab dem 24.12.2008 geltenden Fassung auf Verluste aus Betriebsstätten in Drittstaaten beschränkt,[126] wobei die Mitgliedstaaten des EWR den EU-Mitgliedstaaten gleichgestellt wurden.[127] Für Verluste aus EU-Betriebsstätten, die vor dem 24.12.2008 bestandskräftig gesondert festgestellt wurden, gilt jedoch entsprechend § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG weiterhin die Verlustabzugsbeschränkung gem. § 2a Abs. 1 und 2 EStG in der vor dem 24.12.2008 geltenden Fassung.

 

Rz. 180

Für negative Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten existiert zwar keine besondere Kürzungsvorschrift entsprechend § 9 Nr. 3 GewStG. Die Literatur misst dieser Bestimmung indes lediglich eine klarstellende Bedeutung bei, da der Ausschluss der Gewerbebesteuerung der Einkünfte aus einer ausländischen Betriebsstätte bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG folge, wonach lediglich der Gewerbeertrag aus einem im Inland betriebenen, stehenden Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterfalle.[128] Aus diesem Grund wird im Allgemeinen § 9 Nr. 3 GewStG auch so interpretiert, dass er auch für negative Gewerbeerträge aus Betriebsstätten in Drittstaaten gelte, so dass auch diese aus der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer auszuscheiden seien.[129]

[122] Als Drittstaat gilt jeder Staat, der nicht Mitglied der EU bzw. des EWR ist, § 2a Abs. 2a EStG. EWR-Staaten sind EU-Staaten nur gleichgestellt, wenn sie Amtshilfe leisten, § 2a Abs. 2a Satz 2 EStG. Großbritannien gilt ab dem 1.1.2021 als Drittstaat, wobei allerdings das anwendbare DBA zu berücksichtigen ist.
[123] Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 2a Rn 2.
[124] Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 2a Rn 14.
[125] Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 2a Rn 2; Thiel, DB 2004, 2603, 2605 f.; Dautzenberg, FR 2001, 809 ff.
[126] Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 2a Rn 2, 8.
[127] EWR-Staaten, soweit diese Staaten sich zur Amtshilfe verpflichtet haben.
[128] Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 3 Rn 1; Blümich/Gosch, GewStG, § 9 Rn 212; Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 Rn 2.
[129] Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 3 Rn 3; Blümich/Gosch, GewStG, § 9 Rn 220; Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 Rn 4 f.

b) Vorliegen eines DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Betriebsstättenstaat

 

Rz. 181

Der überkommenen Rechtsprechung des BFH zu Verlusten ausländischer Betriebsstätten unbeschränkt Steuerpflichtiger liegt der bereits auf den RFH zurückgehende Gedanke zugrunde, dass die Freistellung nach den DBA sowohl positive als auch negative Einkünfte erfasst (sog. Symmetriethese). Das hat zur Folge, dass die Verluste aus ausländischen Betriebsstätten aufgrund der von den DBA vorgesehenen Freistellungsmethode von der Berücksichtigung bei der inländischen Besteuerung ausgeschlossen sind.[130] Indes gibt es auch unter der Geltung eines DBA Situationen, in denen die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt, z.B. wenn das entsprechende DBA einen Aktivitätsvorbehalt enthält. In diesen Fällen kommt dann die Beschränkung des § 2a EStG zur Anwendung.[131]

 

Rz. 182

Gegen die Symmetriethese wurden in der Literatur aus der Sicht einer autonomen Interpretation der DBA-Bestimmungen und aus der Perspektive einer an den Grundfreiheiten der EU gemesse...

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