1. Allgemeines

 

Rz. 345

Wie bereits ausgeführt, bedarf es bei Gesellschaftsverträgen, besonders bei Personengesellschaften, einer präzisen Abstimmung von Gesellschaftsvertrag und Verfügung von Todes wegen. Das gilt vor allem deshalb, weil der gesellschaftsrechtlichen Bestimmung grundsätzlich der Vorrang vor der erbrechtlichen Regelung einzuräumen ist. So fallen Anteile an Kapitalgesellschaften ebenso wie die in einem Einzelunternehmen zusammengefassten Vermögenswerte in den Nachlass des Erblassers, während die gesetzlichen Regelungen bei Personengesellschaften unterschiedlich sind.

2. Die Rechtsnachfolge am Einzelunternehmen

 

Rz. 346

Das Einzelunternehmen ist kein selbstständiger Gegenstand des Rechtsverkehrs, sondern setzt sich aus einer Vielzahl in ihm zusammengefasster Vermögenswerte (z.B. Grundstücke, Forderungen, Verbindlichkeiten, "guter Ruf") zusammen. Die grundsätzliche Vererblichkeit eines einzelkaufmännischen Unternehmens ergibt sich jedenfalls aus § 22 HGB, wonach derjenige, der ein bestehendes Handelsgeschäft von Todes wegen erwirbt, dieses unter gleicher Firma fortführen darf.

Im Gegensatz zu Beteiligungen an Personengesellschaften fällt das Handelsgeschäft als wirtschaftliche Einheit in den Nachlass und wird gemeinschaftliches Gesamthandsvermögen aller Miterben (§ 2032 BGB).[379]

 

Rz. 347

Nach Ansicht des BGH[380] kann ein zum Nachlass gehörendes Einzelunternehmen, unabhängig von der Frage, ob dies sinnvoll ist, auch durch eine Erbengemeinschaft fortgeführt werden (sog. unternehmenstragende Erbengemeinschaft). Dabei haben die Miterben sogar die Möglichkeit, das Unternehmen dauerhaft in Erbengemeinschaft fortzusetzen. Der aus dem Nachlass erzielte Erwerb fällt dabei gemäß § 2041 BGB im Wege der Beziehungssurrogation ebenfalls in den Nachlass.[381]

Aus einkommensteuerrechtlicher Sicht ist das Miterben-Unternehmen neutral, solange es mangels Auseinandersetzung des Betriebsvermögens nicht zu einer Gewinnrealisierung kommt.[382]

Für die anwaltliche Gestaltungstätigkeit gilt es jedoch zu vermeiden, dass ein kaufmännisches Einzelunternehmen einer Erbengemeinschaft zufällt. Neben den problematischen Fragen der Vertretung und Verwaltung können gerade bei einer eventuellen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erhebliche steuerliche Belastungen, insbesondere durch Aufdeckung stiller Reserven, hervorgerufen werden. Ohne Vorliegen eines Teilungsverbotes kann darüber hinaus jeder Miterbe jederzeit gem. § 2042 Abs. 1 BGB die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, was leicht zu einer Zerschlagung des Unternehmens führt.

 

Rz. 348

Als Lösung bietet sich an, das Unternehmen noch zu Lebzeiten des Erblassers in eine Gesellschaft zu überführen. Lässt sich der Erwerb eines Einzelunternehmens durch eine Erbengemeinschaft nicht vermeiden, kann den Erben im Testament zur Auflage gemacht werden, das Einzelunternehmen in eine Gesellschaft umzustrukturieren. Der Gesellschaftsvertrag kann dabei bereits inhaltlich vorgegeben und zur Vollziehung der Auflage ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden.[383]

 

Rz. 349

Auch von einer vermächtnisweisen Zuwendung des Einzelunternehmens sollte grundsätzlich abgesehen werden. Schwierigkeiten bereitet hier schon die genaue Bezeichnung des Vermächtnisgegenstandes in der Verfügung von Todes wegen. Eine Bezugnahme auf die Bilanz des Unternehmens reicht regelmäßig nicht aus, da dort nicht sämtliche Wirtschaftsgüter erfasst sind. Im Außenverhältnis bedarf die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Vermächtnisnehmer zudem der Zustimmung der Gläubiger bzw. Vertragspartner.[384]

[379] BGHZ 30, 391.
[380] BGHZ 17, 299; 92, 259.
[381] M. Wolf, AcP 181, 480, 510.
[382] Vgl. Nieder/Kössinger/W. Kössinger, Testamentsgestaltung, § 22 Rn 3.
[383] Nieder/Kössinger/W. Kössinger, Testamentsgestaltung, § 22 Rn 2.
[384] Vgl. Riedel/Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, § 8 Rn 56 f.; MAH- Erbrecht/Kögel, § 40 Rn 168 f.

3. Die Rechtsnachfolge bei Kapitalgesellschaften

a) Die GmbH

 

Rz. 350

Die Anteile an einer GmbH sind grundsätzlich frei vererblich (§ 15 GmbHG). Die Vererblichkeit der GmbH-Anteile kann auch nicht durch die Satzung ausgeschlossen werden.[385] Der Übergang auf die Erben erfolgt nach § 1922 BGB, so dass es einer Mitwirkung der Gesellschafter nicht bedarf. Mehrere Miterben halten den GmbH-Anteil gesamthänderisch (§ 2032 BGB) und üben ihre Mitgliedschaftsrechte gemeinsam aus (§ 18 GmbHG). Nach der Aufhebung von § 17 GmbHG ist die Teilung eines Geschäftsanteils jederzeit unabhängig von einer Veräußerung zulässig, soweit die Gesellschafter zustimmen.[386]

Die Vererblichkeit eines GmbH-Anteils kann aber durch die Satzung eingeschränkt werden. So kann ein gesellschaftsvertragliches Einziehungsrecht[387] oder eine Abtretungspflicht[388] verhindern, dass unerwünschte Personen in die Gesellschaft nachrücken. Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass die Anteile verstorbener Gesellschafter einzuziehen sind, dann fallen diese zwar zunächst in den Nachlass,[389] können aber durch Gesellschafterbeschluss gegenüber den Erben eingezogen werden.

 

Rz. 351

Zu beachten ist, dass seit dem 1.1.2009 gesellschaftsvertragliche Zw...

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