aa) Allgemeines

 

Rz. 222

Zur Versorgung eines Ehepartners, eines eingetragenen Lebenspartners, eines nichtehelichen (nicht eingetragenen) Lebenspartners, eines (behinderten) Kindes oder einer sonstigen Person, die dem Erblasser nahesteht, kommt die Gewährung einer zeitlich befristeten oder lebenslangen Rente durch die Erben in Betracht. Das Rechtsinstitut der Leibrente ist in den §§ 759761 BGB geregelt.

Entscheidend ist, dass sie nicht etwa eine Mehrzahl einzelner selbstständiger Ansprüche mit fortlaufenden aufeinanderfolgenden Fälligkeitsterminen darstellt, vielmehr setzt sie ein selbstständiges Rentenstammrecht voraus; die einzelnen Rentenzahlungen haben den Charakter von Rechtsfrüchten nach §§ 99, 100 BGB.[252] Die in § 761 BGB vorgesehene Schriftform ist bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen und der vermächtnisweisen Zuwendung der Rente unproblematisch, weil hier die Formerfordernisse noch qualifizierter sind.

 

Rz. 223

Die im Einkommensteuerrecht früher wesentliche Unterscheidung zwischen dauernder Last (unregelmäßige und in unterschiedlicher Höhe zu leistende Zahlungen) und Rente (regelmäßige, gleichbleibende Zahlungsverpflichtungen) wurde durch den zum 1.1.2008 neu geschaffenen § 10 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 EStG aufgegeben. Eine Sonderausgaben begründende und abzugsfähige Zahlungsverpflichtung liegt demgemäß nur vor, wenn die Rente auf Lebenszeit zugesagt wurde; außerdem muss die Verpflichtung anlässlich der Übertragung betrieblichen Vermögens zugesagt werden. Mit den abzugsfähigen Sonderausgaben beim Zahlungspflichtigen korrespondiert zwingend die Rentenbesteuerung beim Zahlungsempfänger.

Die Gestaltung dieser schwierigen Materie[253] verlangt immer die Zuziehung eines Steuerberaters.

 

Rz. 224

 

Formulierungsbeispiel: Rentenvermächtnis an behindertes Kind

1. Ich vermache meinem behinderten Sohn (…) eine lebenslange Leibrente unter Anordnung eines Nachvermächtnisses auf dessen Todesfall.

Der Reinwert von ¾ des fiktiven gesetzlichen Erbteils meines Sohnes (…) ist auf der Grundlage der Sterbetafel zu verrenten, und zwar in monatlichen Raten von je 1/12 des Jahresbetrags.

Zur Abtretung des Anspruchs bedarf es der Zustimmung des oder der Erben. Ein Kapitalwahlrecht besteht nicht.

2. Nachvermächtnisnehmer sind die Abkömmlinge meines Sohnes zu gleichen Stammanteilen, vermacht ist dasjenige, was von dem (…) zugeflossenen Rentenbeträgen noch vorhanden ist.

[252] RGZ 89, 259; BGH BB 1966, 305.
[253] Die Einzelheiten sind aus der Sicht der Finanzverwaltung im 4. Rentenerlass am 11.3.2010 dargelegt (BStBl I 2010, 227 ff.; vgl. auch Engelbarth, NWB 2016, 1044 ff.

bb) Leistungsstörungen

 

Rz. 225

Veränderungen der Geschäftsgrundlage können gemäß § 313 BGB zu einer Anpassung der Leistungsverpflichtung führen ("Störung der Geschäftsgrundlage"). Dabei ist auf den Zweck der Rentenzuwendung (Unterhaltssicherung, Belohnung) abzustellen. In der Nachlass- bzw. Privatinsolvenz des zahlungspflichtigen Erben ist das Rentenstammrecht zur Insolvenztabelle (beim Insolvenzverwalter) anzumelden; der Rentenanspruch gilt gemäß §§ 4145 InsO als fällig und ist entsprechend der Lebenserwartung des Rentenberechtigten zu kapitalisieren.

cc) Wertsicherung

 

Rz. 226

Das Preisklauselgesetz (PrKG) wurde im "Zweiten Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft" neu gefasst.[254] Das Genehmigungserfordernis für Wertsicherungsklauseln durch das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle) entfällt; stattdessen wurde ein gesetzliches Indexverbot statt Genehmigungsvorbehalt für Wertsicherungsklauseln eingeführt.[255]

 

Rz. 227

Die bisher in der Preisklauselverordnung (PrKV) geregelten Ausnahmen vom Indexierungsverbot wurden direkt in das Gesetz übernommen. Vorgesehen ist die Unwirksamkeit der Klausel bei Verstoß grundsätzlich nur und erst ab rechtskräftiger Feststellung (§ 8 PrKG).

[254] BGBl I 2007, 2246, Art. 2.
[255] Vgl. Reul, Aufhebung der Genehmigungspflicht bei Wertsicherungsklauseln – Das neue Preisklauselgesetz (PreisklauselG), MittBayNot 2007, 445 und Reul, Lösungsklauseln in notariellen Übergabeverträgen – Zugleich Anmerkungen zum Urt. des BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, DNotZ 2007, 649. Vgl. auch die Gesetzes-Synopse auf der homepage des DNotI.

dd) Grundbuchmäßige Absicherung mittels Reallast

 

Rz. 228

Die Rentenzahlungspflicht kann durch eine im Grundbuch einzutragende Reallast gesichert werden. Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht. Wenn der Erblasser dem Vermächtnisnehmer eine Absicherung durch Bestellung einer Reallast gewähren will, so muss sie zusätzlich zu dem Rentenversprechen vermächtnisweise gewährt werden. Mit der Reallast erhält der Vermächtnisnehmer außer dem schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung der Rente einen dinglichen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück (§§ 1105 Abs. 1, 1107, 1147 BGB). Weiterhin begründet die Reallast einen persönlichen Anspruch gegen den jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks auf Zahlung derjenigen Rententeilbeträge, die während der Dauer seines Eigentums fällig werden (§ 1108 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 229

Ist eine Wert...

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