Rz. 16

Der Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG

In der Mobiliarzwangsvollstreckung erhält der RA zunächst eine 0,3 Verfahrensgebühr für seine Tätigkeit nach Nr. 3309 VV RVG. Dies gilt unabhängig von der Frage, welche Vollstreckungsmaßnahme ergriffen wird und auch unabhängig davon, ob er den Gläubiger, den Schuldner oder einen in die Vollstreckung involvierten Dritten[13] – etwa den Drittschuldner[14] – vertritt. Wegen des geringen Gebührensatzes kommt bei Streitwerten bis 500,00 EUR auch die Mindestgebühr von 15,00 EUR nach § 13 Abs. 2 RVG zur Anwendung.

Die maßgeblichen Angelegenheiten, in denen die Verfahrensgebühr jeweils entstehen kann sind insbesondere in § 18 RVG genannt. Für die Praxis als besonders wichtig sind hervorzuheben:

die Mobiliarzwangsvollstreckung, d.h. die Forderungsvollstreckung und die Vollstreckung in körperliche Sachen sowie die damit verbundenen Informationssysteme wie die Abnahme der Vermögensauskunft und die Einholung von Drittauskünften beim Gerichtsvollzieher nach § 802l ZPO;
die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung;
das Bemühen um die Eintragung einer Zwangshypothek, die dementsprechend kostenrechtlich abweichend von den sonstigen Formen der Immobiliarzwangsvollstreckung, nämlich der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung behandelt wird;
Vollstreckungen nach dem FamFG;
Rechtsmittelverfahren im Klauselverfahren und in der Zwangsvollstreckung;
die Beantragung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung;
Verfahren über Schuldnerschutzanträge nach §§ 765a, 851a, 851b ZPO;
die Verfahren nach §§ 887, 888 und 890 ZPO;
jedes Verfahren über die Festsetzung von Ordnungsgeld;
das Verfahren auf Löschung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis.

Entgegen einem häufigen Fehler in der Praxis entsteht die Gebühr nicht erst mit der Beantragung einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme oder deren Zurückweisung, sondern – wie bei jeder Verfahrensgebühr – bereits mit der ersten auf die Informationsbeschaffung gerichteten Handlung.

 

Rz. 17

 

Beispiel

Nachdem die Sach- und Forderungspfändung erfolglos geblieben ist, hat der RA die Akte aufgrund der Erkenntnis, dass der Schuldner zur Zeit Hartz IV erhält, zunächst für sechs Monate auf Frist gelegt, weil ihm weitere zeitnahe Vollstreckungsmaßnahmen nicht erfolgversprechend und damit zweckmäßig[15] erschienen. Nach den sechs Monaten – die dem längsten Bewilligungszeitraum für Hartz IV entsprechen – erwägt er, eine Vermögensauskunft nach § 802c ZPO einzuholen. Zuvor fragt er jedoch beim Schuldnerverzeichnis an, ob der Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben hat. Der Eintrag zeigt genau dies vor etwa drei Monaten.[16] Nach seiner Erfahrung haben die anderen Gläubiger nach einem solchen Zeitraum auf zugriffsfähiges Vermögen schon zugegriffen, so dass er nicht nur auf den wegen der zweijährigen Sperrfrist unzulässigen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO, sondern auch auf den Vollstreckungsantrag nach § 802d zur Übersendung des Vermögensverzeichnisses verzichtet.

Hier ist die 0,3-Verfahrensgebühr bereits mit der Anfrage beim Schuldnerverzeichnis bzw. der Einsichtnahme in dieses entstanden. Ob es noch zur Beauftragung eines Vollstreckungsorgans kommt, bleibt unerheblich. Erfolgt nach sechs Monaten eine Abfrage zur Bonität des Schuldners bei einer Auskunftei, stellt dies einen neuen Kausalverlauf dar. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG entsteht erneut und schon mit der Anfrage.

 

Rz. 18

Insgesamt lassen folgende Maßnahmen die Verfahrensgebühr unabhängig von der Frage entstehen, ob alle Akte einer Vollstreckungsmaßnahme am Ende vollzogen werden:

die Entgegennahme der Information vom Mandanten;
die Zahlungsaufforderung an den Schuldner unabhängig davon, ob sie eine Vollstreckungsandrohung enthält oder nicht, wenn nur überhaupt ein Vollstreckungsauftrag erteilt wurde;[17]
jede gerichtliche,[18] behördliche oder außergerichtliche Maßnahme zur Ermittlung des Aufenthaltes des Schuldners, insbesondere die diesbezüglichen Anfragen bei den Einwohnermeldeämtern oder Auskunfteien;
jede außergerichtliche Maßnahme zur Ermittlung von Einkommen- und/oder Vermögen des Schuldners, um einen zielgerichteten Vollstreckungszugriff zu ermöglichen;
jede Maßnahme zur Feststellung der Bonität[19] des Schuldners, um die Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit der Vollstreckung beurteilen zu können.
 

Rz. 19

Die Gebühr deckt als Pauschalgebühr die gesamte Tätigkeit des RA innerhalb einer Angelegenheit ab, § 15 Abs. 1 RVG. Insoweit verfolgt der Gesetzgeber nicht den Ansatz einer im Einzelfall auskömmlichen Verfahrensgebühr. Einmal entsteht nur ein marginaler Aufwand, in einem anderen Fall ein erheblicher. In beiden Fällen fällt die Gebühr ungeschmälert an.

 

Rz. 20

Anders als bei anderen Verfahrensgebühren wird die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nicht ermäßigt, wenn sich der Auftrag vorzeitig, insbesondere durch Zahlung des Schuldners, erledigt. Dies wäre angesichts des geringen Gebüh...

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