I. Die Gebühren im Verfahren nach § 887 ZPO

 

Rz. 74

Das Verfahren zur Vollstreckung einer vertretbaren Handlung stellt sich zweiaktig dar. Zum einen ist die Ermächtigung zur Beauftragung eines Dritten auf Kosten des Schuldners zu beantragen, zum anderen sollte regelmäßig ein Vorschussanspruch geltend gemacht werden. Aufgrund der Mehraktigkeit und unabhängig davon, ob nur einer oder beide Anträge oder die Anträge zeitlich getrennt gestellt werden, handelt es sich um zwei besondere Angelegenheiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 12 RVG. Es fällt deshalb die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG doppelt an.[66] Mehrfach entsteht die Gebühr auch, wenn die Verpflichtung von mehreren Schuldnern zu erfüllen ist und der Vollstreckungsauftrag gegen jeden Schuldner gerichtet wird.[67]

 

Rz. 75

Der Gegenstandswert bemisst sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nicht nach dem Aufwand, den der Schuldner oder der Dritte für die Vornahme der vertretbaren Handlung betreiben muss, sondern am Interesse des Gläubigers an der Vornahme der Handlung. Das kann mehr oder weniger als der Aufwand sein. Im Zweifel kann der Aufwand aber einen Hinweis auf den Wert des Interesses geben.

Wird ein Vorschuss angeordnet und entrichtet der Schuldner diesen nicht freiwillig, muss er seinerseits im Wege der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung beigetrieben werden. Hierfür entstehen jeweils selbstständige Gebühren.[68] Gegenstandswert ist in diesem Fall die Summe des Vorschussanspruches. Nichts anderes ist sachgerecht, wenn der Vorschuss erhöht werden muss und auch der Differenzbetrag nicht freiwillig geleistet wird. Dessen Beitreibung stellt dann eine besondere Angelegenheit dar.[69] Auszugehen ist dann vom Gegenstandswert der Differenz. Es handelt sich um einen neuen Anspruch und Vollstreckungstitel auf der Grundlage eines abweichenden neuen Vortrages.

 

Rz. 76

Für die Anordnungen nach § 887 ZPO ist das Prozessgericht und damit ein Gericht im Sinne der Nr. 3310 VV RVG zuständig. Sofern es ausnahmsweise zu einer mündlichen Verhandlung über den Vollstreckungsantrag kommt, ist daher auch der Anfall der 0,3-Terminsgebühr in Betracht zu ziehen.

 

Rz. 77

Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, ist meist der Umfang der Beauftragung des Dritten, die Art der Ausführung und die Höhe des Vorschusses zu erörtern. Kommt es vor diesem Hintergrund zu einer vergleichsweisen Einigung der Parteien, kann auch die Einigungsgebühr anfallen.

[66] Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, § 887 Rn 26; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 264, 265.
[68] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 266 f.; Zöller/Stöber, ZPO, § 887 Rn 15.
[69] A.A. wohl Zöller/Stöber, ZPO, § 887 Rn 15.

II. Die Gebühren im Verfahren nach § 888 ZPO

 

Rz. 78

Wird eine nicht vertretbare Handlung nicht freiwillig erfüllt, kann der Schuldner nur mit Zwangsgeld oder Zwangshaft zu deren Erfüllung angehalten werden. Der entsprechende Antrag stellt sich als besondere Angelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG dar und löst die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus. Die Gebühr fällt dabei auch dann nur einmal an, wenn das Zwangsgeld mehrfach jeweils erhöht festgesetzt wird,[70] weil der Schuldner auch auf die vorherige Festsetzung hin seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Dagegen fällt sie mehrfach an, wenn die unvertretbare Handlung von mehreren Schuldnern zu erbringen ist und sich der Vollstreckungsantrag gegen alle richtet.

Das Zwangsgeld steht der Staatskasse zu, ist aber von dem Gläubiger zur Zahlung an die Staatskasse nach den Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung beizutreiben. Nach einer Ansicht soll auch diese Tätigkeit noch von der 0,3-Verfahrensgebühr für den Zwangsmittelantrag abgegolten sein.[71] Diese Auffassung bezieht sich (teilweise) auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 18.10.1983,[72] die allerdings nur die Aufforderung zur Erfüllung und den anschließenden Zwangsmittelantrag als eine Angelegenheit betrachtet. Tatsächlich ist die Beitreibung des Zwangsgeldes als eigene Vollstreckungsangelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG zu betrachten, die in jeder Ausformung eigene Gebühren entstehen lässt. Etwas anders wäre auch im Hinblick auf den Gebührensatz kaum zu vertreten. Es wäre dann nicht ausgeschlossen, dass der RA möglicherweise neben dem Zwangsmittelantrag die Abnahme der Vermögensauskunft, die ein- oder mehrfache Beauftragung der Forderungspfändung mit deren weiterer Betreuung im Kontakt mit dem Drittschuldner, die Sachpfändung usw. im Extremfall für die einmalige Mindestgebühr von 15,00 EUR leisten müsste.

 

Rz. 79

Für die Anordnungen nach § 888 ZPO ist das Prozessgericht und damit ein Gericht im Sinne der Nr. 3310 VV RVG zuständig. Sofern es ausnahmsweise zu einer mündlichen Verhandlung über den Vollstreckungsantrag kommt, ist daher auch der Anfall der 0,3-Terminsgebühr in Betracht zu ziehen.

 

Rz. 80

Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, ist meist der Umfang der zu erbringenden Leistung zu erörtern. Kommt es vor diesem Hintergrund zu einer vergleichsweisen Einigung der Parteien, kann auch die Einigungsgebühr anfa...

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