Rz. 12

Sehr häufig tragen Versicherer vor, wenn Witwen (wenn von Witwen die Rede ist, gilt das Gesagte natürlich auch für Witwer, wenn nicht der Ehemann verstirbt, sondern die Ehefrau) Unterhaltsansprüche geltend machen, die Witwe habe gar keinen Unterhaltsanspruch, weil sie nach dem Tod ihres Mannes nunmehr arbeiten könne. Sollte dieser Einwand kommen, hat der Anwalt der Witwe die insofern günstige Rechtsprechung des BGH auf seiner Seite. Danach gilt der Einwand nur in engen Grenzen. Die Witwe kann lediglich auf eine zumutbare Tätigkeit verwiesen werden. Wie generell bei derartigen Einwänden der Versicherer ist auch hier die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB Maßstab. Der BGH hat entschieden, dass für die Frage, was der Witwe zumutbar ist, die Persönlichkeit der Witwe heranzuziehen ist, ebenso wie die bisherige Erwerbsstellung der Witwe, die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, in der die Ehegatten lebten und die Länge der Ehe (BGH VersR 76, 877; VersR 84, 936).

Ferner ist zu prüfen, ob betreuungsbedürftige Kinder vorhanden oder ob die Kinder in der Pubertät sind (BGH NJW 1984, 2520).

 

Praxistipp

Versicherer wenden manchmal ein, dass die Witwe arbeiten kann, weil die Kinder schon ziemlich groß sind, denn schließlich waren wir doch früher auch "Schlüsselkinder". In diesem Fall sollte der Anwalt das Buch von Rogge "Pubertät – Loslassen und Haltgeben" kennen und den Schadensregulierer darauf hinweisen, welche Probleme Kinder in der Pubertät haben und wie wichtig gerade in diesen Fällen die noch übrig gebliebene Mutter oder der alleinstehende Vater ist, damit das Kind nicht aus der Bahn geworfen wird. In solchen Fällen kann der Witwe nach der Rechtsprechung des BGH nicht zugemutet werden, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und selber Geld zu verdienen.

 

Rz. 13

Einer Witwe mit kleinen Kindern ist grundsätzlich eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten, da die kleinen Kinder uneingeschränkt die Mutter brauchen und hier kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, soweit keine Arbeit durch die Witwe aufgenommen wird.

 

Praxistipp

Versicherer kommen oftmals mit dem Argument, dass die Witwe nach dem Tod des Ehemanns nun etwas mehr Zeit hat, weil sie den Teil der Haushaltsarbeit nicht machen muss, den sie für den Ehemann gemacht hat. Folglich kann die Witwe auch arbeiten gehen und Geld verdienen. Hier hat der Geschädigte ebenfalls die Rechtsprechung des BGH auf seiner Seite, da die Witwe sich per se nach den Unterhaltsberechnungsgrundsätzen schon einen Abzug anrechnen lassen muss, weil Hausarbeit eingespart wurde.

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