Rz. 42

Bei Eilbedürftigkeit können Wohnungseigentümer einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.[118] So kann mit gerichtlicher Hilfe nach den §§ 43 Nr. 2, 21 Abs. 4 und 8 WEG a.F. bzw. §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 1 und 2 WEG n.F., §§ 935 ff. ZPO der amtierende Verwalter abberufen und/oder ein neuer Verwalter bestellt werden. Auch kann die in einem Hauptsacheverfahren angefochtene (Wieder-)Bestellung des Verwalters im Wege der einstweiligen Verfügung ausgesetzt werden, wenn den Klägern das Warten auf den Ausgang des Anfechtungsprozesses wegen drohender irreparabler Schäden oder offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses unzumutbar ist.[119] Die gerichtliche Verwalterbestellung verlangt das Fehlen eines Verwalters. Dies ist auch der Fall, wenn der bestellte Verwalter seine Aufgaben nicht oder nicht ordnungsgemäß wahrnimmt, so dass seine Abberufung (früher: nur aus wichtigem Grund) gem. § 26 Abs. 3 WEG n.F. gerechtfertigt wäre, aber die Wohnungseigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage sind, den Verwalter abzuberufen.[120] Der Antrag ist dann darauf zu richten, den alten Verwalter abzuberufen und einen neuen Verwalter zu bestellen. Verweigert der alte Verwalter als Organ des Verbandes die Einberufung einer Eigentümerversammlung, um ihn abzuberufen und einen neuen Verwalter zu bestellen, sind ggf. die oben (siehe Rdn 38 ff.) aufgezeigten Wege einzuschlagen. Allerdings stellt die Vorbefassung auf einer Eigentümerversammlung nur dann eine geeignete Lösung dar, wenn diese eine sachliche Diskussion und Willensbildung wahrscheinlich erscheinen lässt. Ist dies etwa angesichts der Mehrheitsverhältnisse oder Äußerungen im Vorfeld nicht zu erwarten, wäre das Bestehen auf einer Vorbefassung in der Eigentümerversammlung eine nutzlose Förmelei und reine Zeitvergeudung.[121] In einem solchen Fall kann ausnahmsweise der Antrag auf Abberufung des alten Verwalters mit dem Antrag auf Bestellung eines Notverwalters verbunden werden.[122] Die Formulierung des Klageantrags kann an § 21 Abs. 8 WEG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG n.F. ausgerichtet werden, aber auch wesentlich präzisere Anträge sind möglich.[123]

[118] BGH 10.6.2011 – V ZR 146/10, ZMR 2011, 893; LG Karlsruhe IMR 2012, 111; LG Hamburg ZMR 2012, 889; LG Berlin ZMR 2012, 569; AG Hamburg-Altona ZMR 2017, 194.
[119] LG Hamburg ZMR 2011, 661.
[120] BayObLG NJW-RR 1989, 461.
[121] Zum Vorbefassungsgrundsatz als Zulässigkeitsvoraussetzung und seinen Ausnahmen BGH 27.4.2012 – V ZR 177/11, ZMR 2012, 713; BGH 15.1.2010 – V ZR 114/09, ZMR 2010, 542.
[122] BGH 10.6.2011 – V ZR 146/10, ZMR 2011, 893; LG Karlsruhe IMR 2012, 111.
[123] Wegen des Klageantrags im folgenden Muster wird verwiesen auf AG Hamburg ZMR 2001, 401. In der Praxis ist ein derart spezifizierter Antrag auch in anwaltlichen Klageschriften allerdings selten und nicht unbedingt zu fordern; vgl. Elzer, ZMR 2004, 229.

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