1. Erinnerung

 

Rz. 444

 

Beispiel: Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung

Gegen Mandant M (wohnhaft in Berlin-Charlottenburg) soll eine Geldforderung i.H.v. 2.000,00 EUR im Wege der Sachpfändung vollstreckt werden. Das der Zwangsvollstreckung zugrunde liegende Urteil wurde jedoch dem Mandanten noch nicht zugestellt, nach telefonischer Auskunft des Prozessgerichts wurde bislang auch keine vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Der unerfahrene Gerichtsvollzieher will dennoch vollstrecken und meint, er müsse den Auftrag der Gläubigerin G erfüllen. Die Sachpfändung soll in zwei Tagen erfolgen. Was ist zu tun?

 

Rz. 445

Obwohl hier noch keine direkte Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch den Gerichtsvollzieher stattgefunden hat, hat der Mandant dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis, dass die unmittelbar bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahme verhindert wird.

 

Rz. 446

Im vorliegenden Fall wurde das Urteil noch nicht zugestellt, dies könnte jedoch auch zeitgleich mit der geplanten Zwangsvollstreckungsmaßnahme erfolgen (§ 750 Abs. 1 ZPO). Der dem Gerichtsvollzieher vorliegende Titel hat ferner aber auch keine Vollstreckungsklausel, sodass aus diesem Grund nicht alle allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Dies hätte der Gerichtsvollzieher als zuständiges Vollstreckungsorgan überprüfen müssen. Es handelt sich hiernach um eine formelle Einwendung unseres Mandanten M. Der zulässige Rechtsbehelf ist die Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gem. § 766 ZPO. Die Erinnerung ist beim Vollstreckungsgericht einzureichen.

 

Rz. 447

§ 764 Abs. 1 ZPO regelt die sachliche Zuständigkeit, wonach die AG als Vollstreckungsgerichte anzusehen sind. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 764 Abs. 2 ZPO. Danach ist, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, das AG anzusehen, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Hier wäre dies das AG am Wohnort des Mandanten.

Ein möglicher Antrag könnte im vorliegenden Fall wie folgt aussehen.

 

Rz. 448

Muster 5.15: Erinnerung nach § 766 ZPO

 

Muster 5.15: Erinnerung nach § 766 ZPO

An das

Amtsgericht Charlottenburg

Vollstreckungsgericht

Amtsgerichtsplatz 1

14057 Berlin

In der Zwangsvollstreckungssache

des _________________________ (Mandanten)

– Schuldner und Erinnerungsführer –

Verfahrensbevollmächtigte: _________________________

gegen

den _________________________ (Gläubiger)

– Gläubiger und Erinnerungsgegner –

Verfahrensbevollmächtigte: _________________________

legen wir namens und in beigefügter Vollmacht des Schuldners gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung

Erinnerung gemäß § 766 ZPO

ein.

Es wird beantragt,

 
  den Gerichtsvollzieher _________________________ anzuweisen, die angekündigte Zwangsvollstreckung aus dem Urteil _________________________ (genaue Bezeichnung, Datum des Erlasses, Gericht)nicht durchzuführen.

Begründung

Ausweislich der Gerichtsakte zum Prozessverfahren _________________________ (Angabe des Gerichts und des Aktenzeichens) wurde dem Gläubiger keine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt, sodass nicht sämtliche allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die angekündigte Durchführung einer Sachpfändung ist demnach nicht statthaft.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

Rechtsanwalt

2. Vollstreckungsabwehrklage

 

Rz. 449

 

Beispiel: Vollstreckungsabwehrklage

Mandant M hat an seinen Gläubiger G die vollständige titulierte Forderung i.H.v. 6.500,00 EUR inklusive Zinsen und Vollstreckungskosten sofort nach Ende der mündlichen Verhandlung bezahlt. Der Gläubiger betreibt dennoch weiterhin die Zwangsvollstreckung in das Konto des Mandanten. Das Urteil stammt vom LG Berlin.

Was ist zu tun?

 

Rz. 450

Der Mandant hat hier einen materiell-rechtlichen Einwand, da durch die Bezahlung der ursprüngliche Anspruch erloschen ist. Die richtige Maßnahme wäre hier die Einlegung einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder auch Vollstreckungsgegenklage genannt.

 

Rz. 451

Die Vollstreckungsabwehrklage kann grds. vom Schuldner erhoben werden, wenn der titulierte Anspruch nicht mehr besteht, z.B. durch Zahlung oder Aufrechnung.

 

Rz. 452

Dieser Einwand darf jedoch nicht präkludiert sein, d.h. der Einwand darf erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sein und muss demnach "neu" sein. Ist der Einwand bereits präkludiert, so ist die Vollstreckungsabwehrklage unbegründet.

 

Rz. 453

Die Vollstreckungsabwehrklage unterliegt keiner Frist, es muss lediglich ein Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners vorliegen. Dies kann bereits gegeben sein, wenn die Zwangsvollstreckung ernsthaft droht oder kurz bevor steht.

 

Rz. 454

Gem. § 767 Abs. 1 ZPO ist die Klage beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs einzureichen.

 

Rz. 455

Bei der Vollstreckungsabwehrklage handelt es sich um ein normales Erkenntnisverfahren, welches auch vergütungs- und kostenrechtlich in dieser Weise behandelt wird. Mit Einreichung der Klage ist daher ein Gerichtsgebührenvorschuss i.H.v. drei Gerichtsgebühren nach Nr. 1210 KV GKG zu entrichten. Die Rechtsanwaltsgebühren ergeben sich aus Teil 3 des VV RVG...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge