Rz. 449

 

Beispiel: Vollstreckungsabwehrklage

Mandant M hat an seinen Gläubiger G die vollständige titulierte Forderung i.H.v. 6.500,00 EUR inklusive Zinsen und Vollstreckungskosten sofort nach Ende der mündlichen Verhandlung bezahlt. Der Gläubiger betreibt dennoch weiterhin die Zwangsvollstreckung in das Konto des Mandanten. Das Urteil stammt vom LG Berlin.

Was ist zu tun?

 

Rz. 450

Der Mandant hat hier einen materiell-rechtlichen Einwand, da durch die Bezahlung der ursprüngliche Anspruch erloschen ist. Die richtige Maßnahme wäre hier die Einlegung einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder auch Vollstreckungsgegenklage genannt.

 

Rz. 451

Die Vollstreckungsabwehrklage kann grds. vom Schuldner erhoben werden, wenn der titulierte Anspruch nicht mehr besteht, z.B. durch Zahlung oder Aufrechnung.

 

Rz. 452

Dieser Einwand darf jedoch nicht präkludiert sein, d.h. der Einwand darf erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sein und muss demnach "neu" sein. Ist der Einwand bereits präkludiert, so ist die Vollstreckungsabwehrklage unbegründet.

 

Rz. 453

Die Vollstreckungsabwehrklage unterliegt keiner Frist, es muss lediglich ein Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners vorliegen. Dies kann bereits gegeben sein, wenn die Zwangsvollstreckung ernsthaft droht oder kurz bevor steht.

 

Rz. 454

Gem. § 767 Abs. 1 ZPO ist die Klage beim Prozessgericht des ersten Rechtszugs einzureichen.

 

Rz. 455

Bei der Vollstreckungsabwehrklage handelt es sich um ein normales Erkenntnisverfahren, welches auch vergütungs- und kostenrechtlich in dieser Weise behandelt wird. Mit Einreichung der Klage ist daher ein Gerichtsgebührenvorschuss i.H.v. drei Gerichtsgebühren nach Nr. 1210 KV GKG zu entrichten. Die Rechtsanwaltsgebühren ergeben sich aus Teil 3 des VV RVG.

 

Rz. 456

Eine mögliche Vollstreckungsabwehrklage könnte im vorliegenden Fall wie folgt aussehen.

Muster 5.16: Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO

 

Muster 5.16: Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO

An das

Landgericht Berlin

Prozessgericht der I. Instanz

Tegeler Weg 17–21

10589 Berlin

ACHTUNG!!! Bitte sofort vorlegen

Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO

Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO

des _________________________ (Mandanten)

– Kläger –

Verfahrensbevollmächtigte: _________________________

gegen

den _________________________ (Gläubiger)

– Beklagter –

Verfahrensbevollmächtigte: _________________________

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

beantragen wir namens und in beigefügter Vollmacht des Klägers:

1. Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil _________________________ (genaue Bezeichnung, Datum des Erlasses, Gericht) wird für unzulässig erklärt.
2. Die Zwangsvollstreckung aus dem in Nr. 1 bezeichneten Titel wird gemäß § 768 Abs. 1 ZPO einstweilen ohne, hilfsweise mit Sicherheitsleistung eingestellt.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Ferner wird beantragt, sobald die entsprechenden Vorsetzungen vorliegen:

 
  ein Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 Satz 3 ZPO bzw.
  ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 ZPO

zu erlassen.

Begründung:

Der Beklagte hatte ursprünglich einen titulierten Anspruch gegen den Schuldner auf Zahlung von 6.500,00 EUR

 
Beweis: Beiziehung der Verfahrensakte des erkennenden Gerichts zum Az. _________________________,
  Kopie des Urteils, in Kopie als Anlage K1

Der Kläger zahlte daraufhin nach Zustellung des Urteils an ihn am _________________________ (Datum) den Betrag i.H.v. 6.500,00 EUR an den Beklagten per Banküberweisung.

 
Beweis: Kopie des Kontoauszugs vom _________________________, in Kopie als Anlage K2

Trotz der Zahlung vollstreckt der Beklagte weiterhin in das Bankkonto des Klägers.

 
Beweis: Kopie einer Bankbestätigung, in Kopie als Anlage K3;
  Kopie des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, in Kopie als Anlage K4

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ergibt sich aus § 769 ZPO. Zur Glaubhaftmachung wird auf die beigefügte

 
  eidesstattliche Versicherung gemäß § 294 ZPO des Klägers

sowie auf die vorgelegten oben näher bezeichneten Urkunden verwiesen. Sollte sich die Erfolgsaussicht der Vollstreckungsabwehrklage bereits aus den vorgelegten Urkunden ergeben, wird um einstweilige Einstellung ohne Sicherheitsleistung gebeten.

Da die Verwertung in Kürze bevorsteht, wird um zeitnahe Entscheidung ohne Anhörung des Beklagten gebeten.

Der Streitwert ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO und ist mit dem Wert der Vollstreckungsforderung zu bestimmen, da durch die vorliegende Klage die Unzulässigkeit der gesamten Vollstreckungsmaßnahme begehrt wird und beträgt _________________________ EUR. Ein Vorschuss in Höhe von drei Gerichtsgebühren nach diesem Streitwert in Höhe von _________________________ EUR ist per Verrechnungsscheck beigefügt.

Um unverzügliche Zustellung wird daher gebeten.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

Rechtsanwalt

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