Rz. 22

Vermag ein Beteiligter nach seinen Angaben oder zur Überzeugung des Notars nicht hinreichend zu sprechen, so soll zu der Beurkundung ein Zeuge oder zweiter Notar zugezogen werden, es sei denn, dass alle Beteiligten darauf verzichten. Auf Verlangen eines sprachbehinderten Beteiligten soll der Notar einen Gebärdendolmetscher hinzuziehen. Die Tatsache der Feststellung der Sprachbehinderung und ggf. der Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers soll in der Niederschrift festgestellt werden. Die Niederschrift soll auch von dem Zeugen oder dem zweiten Notar unterschrieben werden. Diese allgemeinen Anforderungen des § 22 BeurkG, die übergreifend für hör-, sprach- und sehbehinderte Personen gelten, werden nach § 24 BeurkG nochmals für den Fall erweitert, dass mit der sprachbehinderten Person eine schriftliche Verständigung nicht möglich ist. In diesem Fall muss dann, nachdem die Schriftverständigungsunmöglichkeit in der Niederschrift festgestellt wurde, zu der Beurkundung eine Person zugezogen werden, die sich mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermag und mit deren Zuziehung dieser nach Überzeugung des Notars einverstanden ist, was in der Niederschrift auch festzustellen ist; die Niederschrift soll auch von der zugezogenen Person unterschrieben werden, vgl. Muster Rdn 28.

 

Rz. 23

Diese in § 22 BeurkG enthaltene Regelung stellt erkennbar auf die Behinderung im Zeitpunkt der Beurkundung ab und meint Personen, die ihre Erklärungen nicht durch mündlich gesprochene, verständliche Worte bzw. Sprachlaute hervorzubringen imstande sind, auch nur vorübergehend wegen einer erlittenen Verletzung oder zeitweisen Erkrankung z.B. im Kieferbereich. Nach h.M. liegt hingegen noch keine Sprachbehinderung vor, wenn ein Beteiligter nur in der Lage ist, ein verständliches Ja-Wort auszusprechen.[30] Ob die Angabe des Beteiligten, er könne nicht hinreichend sprechen, richtig war oder, wenn ausnahmsweise diese Feststellung auf der Überzeugung des Notars beruht, ob dieser sich getäuscht hat, ist für die Wirksamkeit der Beurkundung ohne Belang.[31] Ebenso wird die Wirksamkeit der Beurkundung nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Beteiligter über seine Sprachbehinderung keine Angaben gemacht hat und sich auch der Notar hiervon nicht überzeugt hat.[32] Auch das Unterbleiben des Feststellungsvermerks gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 BeurkG berührt die Wirksamkeit der Beurkundung nicht. Die Zuziehung des Zeugen, für den lediglich die Zeugenausschlussgründe des § 26 BeurkG zu prüfen sind, oder zweiten Notars bezieht sich auf den gesamten Beurkundungsakt, also beim Verlesen, Genehmigen und Unterschreiben.[33]

 

Rz. 24

Muster 5.6: Beurkundung mit einem sprachbehinderten Beteiligten, mit dem eine schriftliche Verständigung möglich ist

 

Muster 5.6: Beurkundung mit einem sprachbehinderten Beteiligten, mit dem eine schriftliche Verständigung möglich ist

_________________________ (Notarielle Urkundenformalien)

_________________________

Variante mit Zeugenverzicht:

Herr _________________________ vermag nach dessen Angaben (optional: und nach Überzeugung des amtierenden Notars) nicht hinreichend zu sprechen, jedoch zu hören, zu lesen und zu schreiben. Sämtliche Beteiligten verzichteten auf die Zuziehung eines Zeugen oder zweiten Notars (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers verlangte Herr _________________________ nicht, da eine Verständigung mit ihm möglich war (§ 22 Abs. 1 S. 2 BeurkG).

_________________________

Diese Niederschrift wurde von dem Notar den Erschienenen vorgelesen, von den Erschienenen genehmigt und von ihnen und dem Notar eigenhändig wie folgt unterschrieben:

Variante ohne Zeugenverzicht:

Herr _________________________ vermag nach dessen Angaben (optional: und nach Überzeugung des amtierenden Notars) nicht hinreichend zu sprechen, jedoch zu hören, zu lesen und zu schreiben. Als Zeuge/zweiter Notar wurde Herr/Frau _________________________, geboren am _________________________, wohnhaft in _________________________, ausgewiesen durch _________________________, hinzugezogen (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Zeugenausschlussgründe im Sinne von § 26 BeurkG liegen nach Angaben der Beteiligten nicht vor, insbesondere ist der Zeuge mit den Beteiligten weder verwandt noch verschwägert. Die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers verlangte Herr _________________________ nicht, da eine Verständigung mit ihm möglich war (§ 22 Abs. 1 S. 2 BeurkG).

_________________________

Diese Niederschrift wurde von dem Notar den Erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und von ihnen, dem Zeugen/zweiten Notar und dem Notar eigenhändig wie folgt unterschrieben:

[30] Winkler, BeurkG, § 22 Rn 6 m.w.N. in Fn 7; Seger, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, § 22 Rn 4; Keim, in: Beck‘sches Formularbuch Erbrecht, 4. Auflage 2019, B.III.5 Rn 1.
[31] Winkler, BeurkG, § 22 Rn 15.
[32] Winkler, BeurkG, § 22 Rn 15.
[33] Winkler, BeurkG, § 22 Rn 19.

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