Rz. 41

Der sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht notariell zu beurkundende (§ 122c Abs. 4 UmwG, § 5 Abs. 5 EU-VerschG[109]), gemeinsame Verschmelzungsplan,[110] welcher durch die Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften aufzustellen ist, bildet den ersten Schritt im Rahmen der grenzüberschreitenden Verschmelzung (vgl. § 122c Abs. 1 UmwG, § 5 Abs. 1 EU-VerschG). Der Verschmelzungsplan ist ein einheitliches, gemeinsames Rechtsgeschäft der beteiligten Gesellschaften.[111] Für ihn gelten folglich die nationalen Anforderungen der Heimatstaaten aller Gesellschaften, so dass sich bei unterschiedlichen Regelungen jeweils die strengsten Anforderungen durchsetzen. Auch wenn bei Eingreifen ausländischer Formvorschriften vielfach aus Praktikabilitätsgründen empfohlen wird, diese zusätzlich zur Beurkundung in Deutschland einzuhalten,[112] ist dies im Hinblick auf das Beurkundungserfordernis nach § 5 Abs. 5 EU-VerschG wohl nicht geboten. Denn die Beurkundung durch einen deutschen Notar wird in Österreich als gleichwertig anerkannt (Substitution).[113] Im umgekehrten Fall ist hingegen zweifelhaft, ob die Beurkundung durch einen österreichischen Notar in Deutschland als gleichwertig angesehen würde,[114] so dass hiervon abzuraten ist.[115]

[109] Nach österreichischem Recht ist damit die Notariatsaktsform gemeint (Eckert, in: Kalss, § 5 EU-VerschG Rn 7).
[110] Auch dieser Plan ist, ebenso wie der im nationalen Recht erforderliche Verschmelzungsvertrag, ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Der Unterschied ist rein terminologischer, nicht rechtsdogmatischer Natur (Krause/Kulpa, ZHR 171 [2007], 38, 56).
[111] Limmer, Unternehmensumwandlung, Teil 6 Rn 54.
[112] Freundorfer/Festner, GmbHR 2010, 195, 197.
[113] Eckert, in: Kalss, § 5 EU-VerschG Rn 8; vgl. Koppensteiner/Rüffler, GmbHG, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn 24 m.w.N.
[114] Vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, § 6 UmwG Rn 56 ff., Stand April 2014; Marsch-Barner/Oppenhoff, in: Kallmeyer, § 5 Rn 10 f. m.w.N. zum Streitstand.
[115] Polley, in: Henssler/Strohn, § 122c UmwG Rn 29.

aa) Inhalt des Verschmelzungsplanes

 

Rz. 42

Der Verschmelzungsplan muss mindestens die in § 122c Abs. 2 UmwG und § 5 Abs. 2 EU-VerschG aufgezählten Angaben enthalten; die Aufnahme weiterer Regelungen oder Angaben steht den Beteiligten offen.[116] Die Mindestangaben sind:

 

Rz. 43

1.

Rechtsform, Firma und Sitz beider Gesellschaften (§ 122c Abs. 2 Nr. 1 UmwG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 EU-VerschG).

Der Sitz der deutschen GmbH ist ihrer Satzung zu entnehmen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4a GmbHG). Es empfiehlt sich jedoch die Aufnahme der vollständigen Geschäftsanschrift.[117] Entsprechendes gilt für die österr. GmbH (vgl. § 5 Abs. 2 EU-VerschG, § 11 österr. GmbHG).

2.

Umtauschverhältnis der Gesellschaftsanteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlungen[118] (§ 122c Abs. 2 Nr. 2 UmwG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 EU-VerschG).[119]

Diese Angaben entfallen nach § 122c Abs. 3 UmwG bzw. § 5 Abs. 3 EU-VerschG im Fall einer Tochter-Mutter-Verschmelzung (upstream-merger).[120] Hierauf ist im Verschmelzungsplan hinzuweisen. Die Mutter-Tochter-Konstellation muss im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das österreichische Firmenbuch bestehen. Nach h.L. wird es bei einer innerösterreichischen Verschmelzung als unschädlich erachtet, wenn die Anteile nicht von der Mutter direkt, sondern durch einen Treuhänder oder ein kleiner Anteil von einem anderen Tochterunternehmen gehalten werden.[121] Nach deutschem Recht findet diese Verfahrenserleichterung hingegen nur Anwendung, wenn eine 100 %ige Tochter auf ihre Mutter verschmolzen wird (§ 122c Abs. 3 UmwG).[122] Angesichts des Erfordernisses eines gemeinsamen Verschmelzungsplanes sind im Ergebnis die strengeren deutschen Voraussetzungen maßgeblich. Dies steht auch in Einklang mit der Vereinigungstheorie,[123] da die Frage der Anteilsgewähr unter Berücksichtigung beider beteiligter Rechtsordnungen zu beurteilen ist.[124]

3.

Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile der übernehmenden Gesellschaft (§ 122c Abs. 2 Nr. 3 UmwG, § 5 Abs. 2 Nr. 3 EU-VerschG).[125]

Bei (teilweiser) Nichtgewährung von Anteilen sind nach österreichischem Recht die Gründe hierfür (vgl. § 224 österr. AktG) anzugeben (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 EU-VerschG).[126] Im Hauptanwendungsfall der Nichtgewährung von Anteilen, der Tochter-Mutter-Verschmelzung (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Hs. 2 UmwG bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 1 österr. AktG i.V.m. § 96 Abs. 2 österr. GmbHG, § 3 Abs. 2 EU-VerschG), ist dies allerdings nicht erforderlich, da die vorstehenden Angaben gem. § 5 Abs. 3 EU-VerschG sowie § 122c Abs. 3 UmwG entbehrlich sind.

4.

Die voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung (§ 122c Abs. 1 Nr. 4 UmwG, § 5 Abs. 2 Nr. 4 EU-VerschG).

Das österreichische Recht, welches eine vergleichbare Angabepflicht für innerstaatliche Verschmelzungen nicht kennt,[127] konkretisiert dies weiter, indem es "insbesondere die [Auswirkungen] auf die in den beteiligten Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer, die Beschäftigungslage und die Be...

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