Rz. 411

§ 308 Nr. 7 BGB untersagt Vertragsbedingungen, durch die sich der Verwender im Fall des Rücktritts oder der Kündigung eine unangemessen hohe Nutzungs- bzw. Gebrauchsvergütung (§ 308 Nr. 7 lit. a BGB) oder einen unangemessen hohen Aufwendungsersatz (§ 308 Nr. 7 lit. b BGB) vorbehält.

 

Rz. 412

Zweck der Vorschrift ist es, dem Vertragspartner seine Rücktritts- bzw. Kündigungsrechte weitgehend uneingeschränkt zu erhalten. Zur Erreichung dieses Zwecks wird dem Verwender untersagt, die Ausübung der Rücktritts- bzw. Kündigungsrechte dadurch zu erschweren, dass der Vertragspartner eine unverhältnismäßige Nutzungsvergütung oder einen unverhältnismäßigen Aufwendungsersatz leisten muss.[940] Dem Klauselverbot liegt der Gedanke zugrunde, dass die gesetzlichen Regelungen für die Rückabwicklung eines Schuldverhältnisses in den §§ 346 ff. BGB, aber auch in einer Vielzahl von Spezialvorschriften, grundsätzlich eine ausgewogene Rückabwicklung unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien vorsehen. Da diese gesetzlichen Regelungen jedoch dispositiv sind, können sie durch eine zugunsten des Verwenders abweichende Regelung in AGB ersetzt werden. § 308 Nr. 7 BGB soll dabei einer zu umfangreichen Abweichung von der gesetzlichen Ausgestaltung entgegenwirken.[941] Deshalb werden von § 308 Nr. 7 BGB auch nicht die Beendigungstatbestände an sich einer Wirksamkeitskontrolle unterworfen, sondern lediglich die angemessene Verknüpfung des Beendigungstatbestands mit dem Nutzungs- und Aufwendungsersatz des Verwenders.[942]

 

Rz. 413

§ 308 Nr. 7 BGB ist auf alle Rücktritts- und Kündigungsrechte anwendbar.[943] Demnach erfasst die Vorschrift insbesondere die §§ 323, 324, 542, 543, 620 Abs. 2, 626 und § 627 BGB. Überwiegend wird darüber hinaus befürwortet, die Vorschrift auf alle Fälle der vorzeitigen Vertragsbeendigung durch Rechtsgeschäft auszudehnen oder sie entsprechend anzuwenden.[944] Dies führt dazu, dass insbesondere Anfechtungs- und Widerrufsrechte grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen.[945] Auch das Rücktrittsrecht bei fehlgeschlagener Nacherfüllung nach § 323 BGB wird von § 308 Nr. 7 BGB erfasst.

 

Rz. 414

Dagegen werden Widerrufsrechte in Verbraucherverträgen nicht von § 308 Nr. 7 BGB erfasst, da die zwingende Regelung des § 357 BGB vorgeht und einen rechtsgestaltenden Spielraum im Sinne von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB ausschließt.[946] Auch die Verknüpfung einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung mit einer Regelung zur Nutzungsentschädigung fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 7 BGB, sondern in den des § 307 BGB, da dieser nur die Folgen einseitiger Gestaltungserklärungen erfassen soll.[947] Ebenfalls unter § 307 BGB fällt es, wenn der Verwender die gesetzlichen Lösungsrechte des Vertragspartners erschwert bzw. ganz ausschließt oder das Vertragsverhältnis faktisch beendet wird.[948]

[940] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 150; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 1.
[941] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 150.
[942] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 1.
[943] MüKo/Wurmnest, § 308 Nr. 7 Rn 4; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 8 f.; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 39; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151.
[944] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 11; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, § 308 Nr. 7 Rn 6 ff.
[945] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 39; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 14.
[946] Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 14.
[947] OLG Hamburg NJW-RR 1990, 909, 910; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 7 Rn 11; Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 39.
[948] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 151.

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