Rz. 173

Für Leiharbeitsunternehmen stellen sich im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses auf Grundlage von Equal Treatment demnach zwei wesentliche Probleme:

Zum einen ist der abstrakte Begriff der wesentlichen Arbeitsbedingungen nach wie vor nicht in einer rechtssicheren, verallgemeinerungsfähigen und praxistauglichen Art und Weise definiert. Zum anderen stellt sich in jedem Fall das Problem, dass die Entgeltabrechnung für die Leiharbeitnehmer für jeden einzelnen Einsatz völlig neu gestaltet werden müsste. Bei häufigem Einsatzwechsel müssten gar für einen einzigen Monat auf unterschiedlichen Systemen abgerechnet werden. Stellt man sich bspw. eine Konstellation vor, bei der ein Leiharbeitnehmer die ersten zwei Wochen eines Monats bei einem Entleiher eingesetzt wird, welcher mit seinen Stammarbeitnehmern eine 40-Stunden Woche vereinbart hat und auf Stundenlohnbasis vergütet, in der zweiten Monatshälfte jedoch bei einem Entleiher, bei welchem eine 35-Stunden Woche gilt und der seinen Mitarbeitern ab der 152. Arbeitsstunden im Monat Überstundenzuschläge zahlt, so lässt sich ungefähr erahnen, welche tatsächlichen Schwierigkeiten die Entgeltabrechnung eines solchen Mitarbeiters verursachen kann. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass ein Abrechnungsprogramm benötigt wird, welches eine entsprechende Flexibilität erlaubt. Ebenso ist nicht berücksichtigt, dass sich nicht jedes denkbare Vergütungssystem erschöpfend in zwei Sätzen beschreiben lässt. Selbst wenn die rechtliche Definition des Equal Treatment eindeutig wäre, bliebe das faktische Risiko, dass der Entleiherbetrieb unvollständige Angaben über sein Vergütungssystem gemacht hat oder sich bei der Übernahme des Vergütungssystems in die eigene Abrechnungssoftware Fehler eingeschlichen haben.

Es ist demnach derzeit weder für einen beratenden Juristen möglich, den Umfang und die Reichweite des Equal Treatment verbindlich und abschließend zu definieren, noch könnte ein betroffenes Leiharbeitsunternehmen – aufgrund der soeben geschilderten praktischen Umsetzungsschwierigkeiten – mit einer solchen Definition tatsächlich arbeiten.

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