Rz. 23

Gemäß landesrechtlichem Polizeirecht (vgl. z.B. Art. 25 Nr. 2 BayPAG; § 21 Nr. 2 SaarlPolG, § 26 Nr. 2 NdsSOG) kann die Polizei im Rahmen der ihr subsidiär obliegenden Aufgabe des Schutzes privater Rechte (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 2 BayPAG; § 1 Abs. 3 SaarlPolG; § 1 Abs. 3 NdsSOG) ein Kfz sicherstellen (dazu ausführlich oben § 45 Rdn 21 ff.), um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Die Anwendung dieser Befugnisnorm kann insbesondere in Betracht kommen, wenn eine wertvolle Sache dem direkten Zugriff Dritter ungeschützt ausgesetzt ist.[72] Das Tätigwerden der Polizei ist in diesem polizeilichen Aufgabenbereich allerdings stets subsidiär gegenüber möglichen eigenen Schutzmaßnahmen des betroffenen Privaten.[73] Bei einer aufgrund Sicherstellung erfolgten Abschleppmaßnahme zur Eigentumssicherung ist schon unter Berücksichtigung des Zwecks der Maßnahme und des im Polizeigesetz (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 2 BayPAG; § 1 Abs. 3 SaarlPolG; § 1 Abs. 3 NdsSOG) zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes in der Regel eine vorhergehende Benachrichtigung des Kfz-Halters oder jedenfalls deren Versuch erforderlich, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine privaten Rechte selbst zu wahren.[74]

 

Rz. 24

Die Sicherstellung eines stark beschädigten Kfz ist in der Regel allerdings unverhältnismäßig, wenn die Abschleppkosten etwa die Hälfte des Restwertes des Kfz betragen.[75] Die polizeiliche Sicherstellung eines Kfz zum Schutz des Eigentums wegen Gefahr eines Kfz-Diebstahls ist in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag nur, aber auch immer dann gerechtfertigt, wenn dies dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspricht. Insgesamt ist dabei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.[76]

 

Rz. 25

Zum Schutz privaten Eigentums darf die Gefahrenabwehr- oder die Polizeibehörde ein gestohlenes und ungesichert abgestelltes Kfz im Wege der unmittelbaren Ausführung sicherstellen, wenn die konkrete Gefahr weiterer Beeinträchtigung des Eigentums durch Beschädigungen oder Diebstahl besteht. In diesen Fällen ist sie unter Berücksichtigung der für die Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 680, 681 BGB geltenden Grundsätze je nach Sachlage nicht verpflichtet, die die Eigentumssicherung verzögernden Versuche, den Eigentümer als Zustandsverantwortlichen zu erreichen, zu unternehmen.

[72] BayVGH, Urt. v. 11.12.2013 – 10 B 12.2569, BayVBl 2015, 238.
[73] BayVGH, Urt. v. 11.12.2013 – 10 B 12.2569, BayVBl 2015, 238 unter Hinweis auf Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2011, II. Abschn., Art. 25 PAG Rn 21; zu diesem besonders gelagerten Fall der Gefahrenabwehr vgl. auch BayVGH, Urt. v. 16.1.2001 – 24 B 99.1571, juris Rn 24.
[74] BayVGH, Urt. v. 11.12.2013 – 10 B 12.2569, BayVBl 2015, 238.
[75] HessVGH, Urt. v. 18.5.1999 – 11 UE 4648/96, zfs 1999, 445.
[76] BVerwG zfs 2000, 366; VG München NZV 1999, 487 = DAR 1999, 569 zur Zulässigkeit des Abschleppens eines Kfz wegen geöffneter Fenster; zur Sicherstellung eines verunglückten Kfz siehe auch VG Saarland zfs 2000, 370.

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