Rz. 11

Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sowie der Eigentümer oder sonst Berechtigte eines Fahrzeugs kann unter dem Gesichtspunkt der Zustandsstörerschaft (z.B. § 5 MEPolG) herangezogen werden. Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist, wer auf die Sache beliebig einwirken und über sie tatsächlich verfügen kann; auf eine entsprechende rechtliche Befugnis kommt es nicht an.[15]

 

Rz. 12

Auch der Halter eines Kfz ist Zustandsstörer. Straßenverkehrsrechtlich ist Halter derjenige, der tatsächlich über die Fahrzeugbenutzung als Gefahrenquelle verfügen kann. Polizeirechtlich ist der Halter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt deshalb neben dem Eigentümer als Zustandsstörer anzusehen, weil er über die Teilnahme eines Fahrzeugs am Verkehr entscheidet und damit eine polizeiliche Gefahrenquelle eröffnet.[16] Der letzteingetragene Kfz-Halter und frühere Eigentümer kann als Zustandsstörer für die Abschleppkosten seines früheren Fahrzeugs herangezogen werden. Insofern besteht eine Verantwortlichkeit des letzten Halters für ein im öffentlichen Verkehrsraum entsorgtes Kfz (vgl. §§ 13, 14 FZV).[17]

 

Rz. 13

Handelt der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten, so sieht § 5 Abs. 2 S. 2 ME PolG vor, dass Maßnahmen gegen den Eigentümer oder sonst Berechtigten nicht gerichtet werden können. Diese Regel befreit den Eigentümer von seiner Zustandshaftung aus Gründen der tatsächlichen Unmöglichkeit, da er hier auf die eigene Sache nicht einzuwirken kann.[18]

 

Rz. 14

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Fahrzeug gestohlen wurde. Entledigt sich der Dieb später des Fahrzeugs und stellt es verbotswidrig ab, so ist die Einwirkung des Eigentümers nach Aufgabe der Sachherrschaft durch den Dieb allerdings wieder möglich. Er soll dann auch wieder zu den Abschleppkosten herangezogen werden können, da die Haftung wieder auflebe.[19] In einer späteren Entscheidung hat das VG Hannover die Enthaftung des Eigentümers bejaht.[20]

 

Rz. 15

Die zivilrechtlichen Vorschriften des § 1 VVG i.V.m. AKB, § 3 PflVG, wonach sich die Eintrittspflicht der Haftpflichtversicherung richtet, berühren nicht die öffentlich-rechtliche Kostentragungspflicht des Eigentümers als Zustandsverantwortlichen. Sie betreffen lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Eigentümer und dessen Haftpflichtversicherung.[21]

[15] OVG RP NJW 1988, 929, 930.
[16] VG Saarland, Urt. v. 3.1.1996 – 2 K 278/93.
[17] VG Göttingen v. 22.7.2010 – 1 A 25/10, Ls. in DAR 2011, Heft 2, S. IV zu §§ 32 StVO, 27, 27a StVZO, 15 KrW-/AbfG.
[18] Dazu HambOVG NJW 1992, 1909 = zfs 1992, 180; bestätigt durch BVerwG NJW 1992, 1908: Der Eigentümer hatte sein Kfz vorübergehend einem Dritten zur Verfügung gestellt, der dann seinerseits ohne das Einverständnis des Eigentümers das Fahrzeug einer anderen Person geliehen hat, die es dann verbotswidrig abstellte.
[19] VG Hannover DVBl 1971, 286; ähnlich OVG RP DÖV 1989, 173; HessVGH, Urt. v. 18.5.1999 – 11 UE 4648/96, zfs 1999, 445 = NJW 1999, 3793; VG Saarland, Urt. v. 16.9.1999 – 6 K 25/98, zfs 2000, 370; einschränkend: OVG NRW NJW 1978, 720.
[20] DAR 1976, 167.
[21] VG Saarland, Urt. v. 16.9.1999 – 6 K 25/98, zfs 2000, 370.

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