I. Abgrenzung zu anderen Maßnahmen

 

Rz. 21

Grundsätzlich kann beim Abschleppen eines Kfz auch eine Sicherstellung i.S.d. Polizeirechts in Betracht kommen.[29] Eine Sicherstellung liegt immer dann vor, wenn es vom Zweck der Maßnahme darauf ankommt, die Sache in Verwahrung zu nehmen und andere von der Besitzmöglichkeit auszuschließen. Die Ingewahrsamnahme als Teil der Sicherstellung muss nach der Intention der Behörde gerade gewollt sein.[30]

 

Rz. 22

Im Zusammenhang mit der Bergung eines als gestohlen gemeldeten Fahrzeugs kann sich hier insbesondere die Frage der Abgrenzung zwischen präventiver Sicherstellung zur Eigentumssicherung und einer repressiven Maßnahme zur Spurensicherung nach § 94 StPO stellen. Diese Abgrenzung, die für die Kostenfrage bedeutsam ist, ist nach dem erkennbaren Schwerpunkt der polizeilichen Maßnahme vorzunehmen. Dabei spielt der "Sicherstellungsbericht" der Polizei eine Rolle.[31]

 

Rz. 23

Keine Sicherstellung liegt vor, wenn das Fahrzeug lediglich innerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes versetzt werden soll.[32] Geht es also gerade nicht um die Begründung eines Gewahrsamsverhältnisses, so stellt sich das Abschleppen als eine Ersatzvornahme dar.[33]

 

Rz. 24

In diesem Zusammenhang soll auch auf die strafgerichtliche Einziehung des Tatfahrzeugs nach § 21 Abs. 3 StVG hingewiesen werden. Führt jemand ein Fahrzeug, obwohl ihm die FE entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 StGB oder nach § 25 StVG verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB gegen ihn angeordnet war, so kann das Kfz, auf das sich die Tat bezieht, nach § 21 Abs. 3 StVG eingezogen werden. Dies gilt ebenso bei Wiederholungstaten innerhalb von drei Jahren. Gleiches gilt, wenn er als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die FE entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 StGB oder nach § 25 StVG verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB angeordnet war. Neben § 21 Abs. 3 StVG ist auch § 74 Abs. 2 und 3 StGB zu beachten.[34]

[29] Vgl. § 21 "Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder" – MEPolG, § 32 PolG BW, § 38 ASOG Bln; § 25 BbgPolG; § 23 BremPolG; § 21 SaarlPolG, § 40 HessSOG; Art. 25 BayPAG; § 14 HambSOG; § 61 SOG Meckl.-Vorp.; § 26 NdsSOG; § 43 PolG NRW; § 22 Rheinl-Pf.POG; § 45 SOG LSA; § 26 SächsPOlG; § 210 LVwG Schlesw.-Holst.; § 27 ThürPAG.
[30] Wohl h.M., vgl. NdsOVG zfs 1994, 468; OVG NRW DVBl 1991, 1373; HessVGH NVwZ 1987, 904, 909; 1988, 655, 656; zfs 1999, 445 = NJW 1999, 3793; BayVGH NJW 1984, 2962, 2964; Vahle, VR 1997, 92 ff.
[31] HessVGH zfs 1999, 445.
[32] NdsOVG zfs 1994, 468; Janssen, JA 1996, 165, 167, m.w.N.; Vahle, VR 1997, 92 ff.; vgl. aber auch Haurand/Vahle, DVP 1996, 287, 289.
[33] Vgl. dazu z.B. OVG Saarland NJW 1994, 878 = zfs 1993, 250; dazu auch Gornig, JuS 1995, 208; Ersatzvornahme/Sicherstellung wurden offen gelassen von OVG NRW NVwZ-RR 1996, 59, dazu Michaelis, JA 1997, 374; ferner Koch/Niebaum, JuS 1997, 312, 313.
[34] Einzelheiten dazu: Rebler, Die Einziehung des Tatfahrzeugs nach § 21 Abs. 3 StVG, DAR 2016, 422.

II. Tatbestand der Sicherstellung

 

Rz. 25

Tatbestandlich kommt die Sicherstellung gemäß § 21 MEPolG bzw. aufgrund entsprechender – teilweise variierender – landesrechtlicher Regelungen[35] in Betracht:

um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen, oder

wenn die Sache von einer Person mitgeführt wird, die nach dem PolG oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um

sich zu töten oder zu verletzen,
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
fremde Sachen zu beschädigen oder
die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
 

Rz. 26

Denkbar ist auch, dass im Landesrecht speziell geregelt ist, dass ein verbotswidrig abgestelltes oder liegengebliebenes Fahrzeug (in der Regel) sichergestellt wird. Dies ist nach § 14 Abs. 1 S. 2 HambSOG dann der Fall, wenn das Fahrzeug die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist und der vom Fahrzeug ausgehenden Gefahr nicht mit einer Umsetzung auf einen in unmittelbarer Nähe gelegenen freien und geeigneten Platz im öffentlichen Verkehrsraum begegnet werden kann.[36] Auch diese Sicherstellung unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; insoweit gelten die allgemeinen Regeln.[37]

[35] Vgl insofern § 32 PolG BW; Art. 25 BayPAG; § 38 ASOG Bln; § 25 BbgPolG; § 23 BremPolG; § 14 HambSOG; § 40 HessSOG; § 61 SOG Meckl.-Vorp.; § 26 NdsSOG; § 43 PolG NRW; § 22 Rheinl-Pf.POG; § 21 SaarlPolG; § 45 SOG LSA; § 26 SächsPOlG; § 210 LVwG Schlesw.-Holst.; § 27 ThürPAG.
[36] Dazu HambOVG NZV 2010, 51; HambOVG NZV 2010, 219; VG Hamburg Urt. v. 27.9.2010 – 10 K 410/10, zum kostenpflichtigen Abschleppen aufgrund Sicherstellung bei Blockierung eines Behindertenparkplatzes.
[37] HambOVG NZV 2010, 51; HambOVG NZV 2010, 219, dort au...

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