Rz. 40

Ist Lohn-/Einkommensteuer zu erstatten, gilt dies auch für die hierauf entfallende Kirchensteuer. Zu beachten ist gleichzeitig, dass bei der Ermittlung des Netto-Verdienstausfallschadens auch eine etwaige Kirchensteuerpflicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 41

Soweit der BGH[40] im Jahre 1987 noch von einer grundsätzlich zu vermutenden Kirchensteuerpflicht ausging, ist dies angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr zwingend.[41] Der Ersatzberechtigte muss sich allerdings dahingehend erklären und beweisen, ob er Kirchensteuer zahlt oder nicht.[42] Bis zu seiner Erklärung ist von einer Kirchensteuerpflicht auszugehen.

 

Rz. 42

Die Kirchensteuerpflicht knüpft zum einen an die Kirchenzugehörigkeit an, zum anderen an den Wohnsitz im Gebiet einer steuerberechtigten Kirche. Sie wird, je nach Bundesland unterschiedlich, als prozentuale Zuschlagssteuer zur Lohn-/Einkommensteuer erhoben (§ 51a EStG) und beträgt entweder 8 %[43] oder 9 %.[44]

 

Rz. 43

Wer Kirchensteuer vermeiden möchte, kann dieses nur durch Kirchenaustritt erreichen.[45]

 

Rz. 44

Tritt der Hauptverdiener aus der Kirche aus und bleibt der andere Ehepartner, der keine oder nur geringe Einkünfte hat, Kirchenmitglied, zahlt der Hauptverdiener, da ihm keine kirchensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage zugewiesen ist, keine Kirchensteuer. In etlichen Bundesländern besteht dann die Möglichkeit, den kirchensteuerpflichtigen Ehegatten über das Besondere Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen zur Kasse zu bitten. Dieses wird, wie die Kirchensteuer, im Steuerbescheid festgesetzt und ist bei der Schadenberechnung wie die Kirchensteuer zu berücksichtigen. Das Besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe wird nach Maßgabe der kirchensteuerrechtlichen Vorschriften der Bundesländer bundesweit von jenen Kirchenmitgliedern erhoben, die sich wegen des Ehegattensplittings (§§ 26, 26b EStG) zusammen mit ihrem Ehegatten veranlagen lassen und selbst über kein oder ein geringeres Einkommen als der Ehegatte verfügen, der als allein- oder besserverdienender Ehepartner ­keiner steuerberechtigten Religionsgemeinschaft angehört.[46] Die Erhebung des Besonderen Kirchgeldes ist nur bei zusammenveranlagten Ehegatten zulässig.[47] Das Besondere Kirchgeld wird, obwohl bundesweit eingeführt, rein tatsächlich aber nicht überall von Religionsgemeinschaften eingefordert; eine Einzelfallprüfung ist daher angezeigt.

[40] BGH v. 29.9.1987 – VI ZR 293/86 – DAR 1988, 23 = NJW-RR 1988, 149 = r+s 1988, 12 = VRS 74, 3.
[41] Berz/Burmann-Heß/Burmann, 36. EL 2016, Kap. 6 O, Rn 25.
[42] Berz/Burmann-Heß/Burmann, 36. EL 2016 Kap. 6 O, Rn 25; Wussow-Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 32 Rn 100. Siehe auch BGH v. 18.5.2006 – IX ZR 53/05 – VersR 2007, 700 (Revisionsentscheidung zu OLG Köln v. 24.2.2005 – 8 U 61/04 – VersR 2006, 557) (Steuerberater ist nicht verpflichtet, dem Mandanten den Kirchenaustritt zu empfehlen. Der Mandant hat nach § 287 Abs. 1 ZPO nachzuweisen, dass er bei vollständiger Beratung über anfallende Kirchensteuern aus der Kirche ausgetreten wäre; auf einen Anscheinsbeweis kann er sich nicht berufen.).
[43] Bundesländer: Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg.
[44] Bundesländer: Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen.
[45] BVerwG v. 26.9.2012 – 6 C 7.12 – BVerwGE 144, 171 = NVwZ 2013, 64. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mehrere Klagen gegen die Kirchensteuer in Deutschland zurückgewiesen (EGMR v. 6.4.2017 – 10138/11, 16687/11, 25359/11, 28919/11 – juris).
[46] Siehe dazu BVerfG v. 14.12.1965 – 1 BvR 606/60 – BVerfGE 19, 268 = BStBl I 1966, 196 = DÖV 1966, 62 = DVBl 1966, 221 = MDR 1966, 210 = NJW 1966, 101. Gerichte bestätigten in der Folgezeit die Rechtmäßigkeit der steuerrechtlichen Regelungen in Landeskirchensteuergesetzen: BVerfG v. 23.10.1986 – 2 BvL 7/84, 2 BvR 8/84 – BVerfGE 73, 388 = DVBl 1987, 129 = NJW 1987, 943; BVerwG v. 11.11.1988 – 8 C 10.87 – NJW 1989, 1747; BVerwG v. 12.4.1992 – 8 C 62.88 – NJW 1992, 1060 (nur Ls.) = NVwZ 1992, 66; VG Göttingen v. 30.6.2003 – 4 B 54/03 – juris; FG Baden-Württemberg v. 26.5.2000 – 9 K 131/00 – EFG 2000,1094; FG Bremen v. 14.1.2004 – 2 K 223/03 (1) – EFG 2004, 587; FG Köln v. 11.05.2005 – 11 K 6619/02 – juris. Siehe auch die Rechtsprechungsnachweise bei Listl, Das kirchliche Besteuerungsrecht in der neueren Rechtsprechung der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland, Festschrift für Mikat, 1989, S. 579 (592 ff.) und BFH v. 8.10.2013 – I B 109/12 – openJur 2014, 1688.
[47] Siehe ergänzend BFH v. 26.2.2014 – I S 24/13 – juris; BFH v. 8.10.2013 – I B 109/12 – openJur 2014, 1688; BFH v. 22.1.2002 – I B 18/01 – juris.

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