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Das materielle Gesellschaftsrecht regelt insbesondere die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages. Nach deutschem Recht muss der Gesellschaftsvertrag einer GmbH den Sitz der Gesellschaft enthalten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG).[9] Gemeint ist damit der Satzungssitz i.S.d. § 4a GmbHG. Dieser im Gesellschaftsvertrag festgelegte Sitz bestimmt auch den allgemeinen Gerichtsstand der Gesellschaft (§ 17 ZPO),[10] die Zuständigkeit des Handelsregisters (§ 7 GmbHG, § 377 Abs. 1 FamFG)[11] und damit auch das Gericht der Hauptniederlassung i.S.d. § 13 Abs. 1 HGB,[12] sowie, wenn die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat, auch die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts (§ 3 Abs. 1 S. 1 InsO).[13] Mangels anderweitiger Regelung in der GmbH-Satzung soll, in analoger Anwendung des § 121 Abs. 5 AktG, die Gesellschafterversammlung am Satzungssitz stattfinden.[14] Der statutarische Sitz ist zudem Anknüpfungspunkt für die unternehmerische Mitbestimmung.[15] Falls sich die Geschäftsleitung (§ 10 AO) nicht im Inland befindet oder nicht feststellbar ist (§ 20 Abs. 2 AO), ist der Satzungssitz auch der steuerrechtliche Anknüpfungspunkt (§ 11 AO).[16] Zudem ist für Geschäftsbriefe nach § 35a Abs. 1 S. 1 GmbHG die Angabe des statutarischen Sitzes erforderlich aber auch ausreichend.[17] Um die Erreichbarkeit sicherzustellen, ist bei der Anmeldung zusätzlich eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG), die dann auch Inhalt der Handelsregistereintragung wird (§ 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Nicht alle Rechtsordnungen regeln den gesellschaftsvertraglichen Sitz in derselben Weise wie das deutsche Recht.[18] Als Beispiel sei die Regelung im englischen Companies Act 2006 genannt. Dort ist der Registersitz (registered office) einer Gesellschaft kein Satzungsbestandteil.[19] Die Gründer müssen lediglich in ihrem Antrag auf Registrierung angeben, ob die Gesellschaft in England, Wales, Schottland oder Nordirland registriert werden soll.[20] Aus der Registrierung ergibt sich dann das registered office der Gesellschaft.

[9] Zur entsprechenden Satzungsgestaltung siehe Heidinger, in: MünchHdbGesR, Bd. 3, § 19 Rn 84.
[10] Der in § 17 Abs. 1 S. 2 ZPO genannte Ort der Verwaltung gilt nur subsidiär, wenn sich aus dem materiellen Recht nichts zur Festlegung des Sitzes ergibt, vgl. Patzina, in: MüKo-ZPO, § 17 Rn 13.
[11] Krafka, in: MüKo-FamFG, § 377 Rn 5; Heinemann, in: Keidel, FamFG, § 377 Rn 7; Schemmann, in: Haußleiter, FamFG, § 377 Rn 3.
[12] Heinze, in: MüKo-GmbHG, § 4a Rn 7; Servatius, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 4a Rn 2.
[13] BayObLG, Beschl. v. 11.8.1999 – 4Z AR 23/99, ZIP 1999, 1714; OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.4.2000 – 1 W 29/00, ZIP 2000, 1118; OLG Köln, Beschl. v. 22.3.2000 – 2 W 49/00, ZIP 2000, 672; Ulmer/Löbbe, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, § 4a Rn 11.
[14] OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.7.2003 – I-6 U 27/03, NZG 2003, 975; Ulmer/Löbbe, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, § 4a Rn 11; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 4a Rn 4.
[15] Ausführlich Habersack, in: Habersack/Henssler, MitbestG, § 1 Rn 6 ff. m.w.N.
[16] Heinze, in: MüKo-GmbHG, § 4a Rn 7; Schmidt-Leithoff, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4a Rn 5.
[17] Ulmer/Löbbe, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, § 4a Rn 12.
[18] Vgl. zu anderen Rechtsordnungen die einzelnen Länderberichte in diesem Werk.
[19] Anders als im früheren Recht ist das registered office nicht mehr im Memorandum of Association aufgeführt (vgl. Inhalt des Memorandum of Association nach Sec. 8 Companies Act 2006); siehe auch Länderbericht England.
[20] Sec. 9 subsec. 2 Companies Act 2006: "The application for registration must state … whether the company’s registered office is to be situated in England and Wales (or in Wales), in Scotland or in Northern Ireland, …".

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