Rz. 3

Mit Blick auf die bereits dargestellten Schutzzwecke des Datenschutzrechtes kann eine Einwilligung nur wirksam sein, soweit sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht.[8] Dieses Erfordernis der Freiwilligkeit stellt eines der wesentlichen Anforderungen an eine wirksame Einwilligungserklärung dar. Nach den Vorgaben der über Art. 6 Abs. 1 EUV in Bezug genommenen Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 8 GRCh) steht dem Einzelnen grundsätzlich frei, selbst zu entscheiden, welchen Dritten er seine Daten offenbaren möchte. Das Erfordernis der Freiwilligkeit kann insbesondere fehlen, wenn sich der Betroffene gegenüber dem Verantwortlichen in einer Situation befindet, in der der Verantwortliche dem Betroffenen rechtlich oder tatsächlich überlegen ist.

 

Rz. 4

Bei Einwilligungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, erklärt bzw. eingeholt werden, kann die Freiwilligkeit gem. Art. 7 Abs. 4 DSGVO daran scheitern, dass sich die Einwilligung nicht auf diejenigen Daten beschränkt, die für die Erfüllung erforderlich sind[9] und der Betroffene hierauf nicht deutlich hingewiesen wurde. Erforderlich ist daher stets eine klare Information dazu, welche Daten für die Vertragserfüllung zwingend erforderlich sind und bei welchen Daten es sich lediglich um nicht erforderliche Informationen handelt.

[8] Erwägungsgrund 32 spricht von einer eindeutigen Handlung des Betroffenen, "mit der freiwillig […] bekundet wird, dass die betroffene Person mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist."
[9] Erwägungsgrund 43 DSGVO a.E.

a) Freiwilligkeit im Beschäftigungsverhältnis

 

Rz. 5

Mit Blick auf den Gesichtspunkt der Freiwilligkeit wird bereits heute die Einwilligung im Arbeitsrecht und auch bei allen anderen Beschäftigungsverhältnissen als problematisch[10] eingestuft.

 

Rz. 6

Die Problematik konzentriert sich dabei auf die regelmäßig existenzielle Bedeutung des Arbeitsplatzes, die dazu führen soll, dass ein Beschäftigter normalerweise nicht dem "Wunsch" seines Arbeitgebers oder Dienstherrn nach einer "freiwilligen" Zustimmung wirksam entgehen könne. Deshalb wird die Möglichkeit der Einwilligung des Arbeitnehmers/Beschäftigten als Erlaubnis zur Erhebung und Verwendung von Arbeitnehmerdaten außerhalb der vom Gesetz ausdrücklich zugelassenen Anwendungsfälle von Teilen der bundesdeutschen Literatur generell abgelehnt.[11] Die Vertreter, die eine Einwilligung im Arbeitsverhältnis als unzulässig ansehen, begründen dies insbesondere damit, dass eine "Einwilligung unzulässige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht legitimieren" könne, weil dem Arbeitnehmer die nötige Unabhängigkeit fehle, die im Rahmen einer freiwilligen Entscheidungsfindung von entscheidendem Interesse sei.[12] Wegen des im Beschäftigungsverhältnis bestehenden Machtungleichgewichtes zwischen Verantwortlichem (Arbeitgeber/Dienstherr) und Betroffenem (Arbeitnehmer/Beschäftigter) sei die Freiheit des Einzelnen zur Selbstbestimmung notwendigerweise ausgeschlossen.

 

Rz. 7

Man wird indes nicht generell davon ausgehen können, dass Arbeitnehmer/Beschäftigte grundsätzlich nicht in der Lage seien, frei und ohne Druck zu entscheiden, ob sie eine Einwilligungserklärung gegenüber ihrem Arbeitgeber als Verantwortlichem abgeben sollen.[13] Es wäre vielmehr mit den Grundsätzen der Charta unvereinbar, den Betroffenen im Rahmen von Arbeits- und/oder Beschäftigungsverhältnissen in der Weise zu entmündigen, dass er nicht mehr berechtigt wäre, eine Verarbeitung seiner Daten zu billigen und für deren Zulässigkeit nur noch objektive Kriterien und nicht sein subjektives Empfinden maßgebend sein zu lassen.[14]

 

Rz. 8

Ohne auf die speziellen Fallgestaltungen des Datenschutzrechtes im Beschäftigungsverhältnis an dieser Stelle näher eingehen zu wollen, sei unter Berücksichtigung des Vorgenannten und unter dem Stichwort der Freiwilligkeit festgehalten, dass grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis die Möglichkeit der Erteilung einer Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht grundsätzlich ausscheidet. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass an die Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis mit Blick auf die Freiwilligkeit hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine Einwilligung scheidet nur aus, wenn nachweislich aus der Verweigerung der Einwilligung oder aus dem Widerruf der Einwilligung für den Beschäftigten ein Nachteil entsteht oder aus seiner Sicht entstehen könnte. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer in seiner Willensbildung grundsätzlich autonom ist und aus dem Arbeitsverhältnis "nicht automatisch stets aufgrund einer wirtschaftlichen Machtposition des Arbeitgebers ein solcher Druck entsteht, der keinen Spielraum für Einwilligungen im Arbeitsverhältnis mehr belässt".[15]

 

Rz. 9

Wird eine Einwilligung vom Beschäftigten erbeten und ist die Nichteinwilligung nicht mit tatsächlichen oder potenziellen Nachteilen für ihn verbunden, so ist eine solche Einwilligung freiwillig. Nur ...

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