Rz. 59

Die §§ 2274 ff. BGB enthalten Vorschriften zur Errichtung eines Erbvertrages. Ein Erbvertrag muss gemäß § 2276 BGB i.V.m. §§ 32, 30 BeurkG stets notariell beurkundet werden. Er kann zwischen jedermann abgeschlossen werden. Die Vertragsparteien müssen nicht notwendigerweise miteinander verheiratet oder verpartnert noch sonst miteinander verwandt sein. Bei der notariellen Beurkundung müssen beide Vertragspartner gleichzeitig anwesend sein, § 2276 Abs. 1 S. 1 BGB. Formverstöße bei der Errichtung führen gemäß § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit.

 

Rz. 60

Der Erbvertrag stellt im Gegensatz zum Testament als einseitige Verfügung von Todes wegen einen echten Vertrag dar. Er beinhaltet eine Doppelnatur dahingehend, dass er als Vertrag echte erbrechtliche Bindungswirkung entfaltet und dennoch aber niemals Ansprüche gegen den Erblasser begründet werden.[27] Während sich also der spätere Erblasser von Todes wegen bindet, entstehen die Rechte und Pflichten des erbvertraglich Begünstigten erst mit dem Erbfall.

Trotz erbvertraglicher Bindungswirkung für den Erblasser kann dieser zu Lebzeiten weiterhin frei über sein Vermögen verfügen, §§ 2286 BGB. Tut er dies allerdings in der Weise, dass berechtigte (Erb-) Erwartungen des Erbvertragsbegünstigten beeinträchtigt werden, können Letzterem nach Eintritt des Erbfalles Ansprüche nach den §§ 2287, 2288 BGB entstehen.

 

Rz. 61

Ein weiterer Unterschied zwischen Erbvertrag und Einzeltestament liegt darin, dass der Erbvertrag regelmäßig lebzeitig nicht mehr frei widerruflich ist. Obwohl die lebzeitige Verfügungsfreiheit des Erblassers durch die Errichtung eines Erbvertrages nicht beschränkt wird, kann er sich doch von Todes wegen nicht mehr ohne weiteres von dem einmal geschlossenen Erbvertrag lösen. Eine Ausnahme hiervon stellen vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Rücktrittsrechte dar.

 

Rz. 62

Die mit Errichtung eines Erbvertrages einhergehende Bindung von Todes wegen befriedigt gerade bei Unternehmensnachfolgen das Interesse der Begünstigten nach Rechtssicherheit. Mit Abschluss der bindenden Verfügung kann der Begünstigte darauf vertrauen, dass die ihm von Todes wegen zugedachten Vermögenswerte auch tatsächlich zukommen. Gleichwohl: Gegen lebzeitige Verfügungen des Erblassers vermag auch ein bindender Erbvertrag nichts auszurichten. Hier ist der Vertragserbe bzw. Vermächtnisnehmer auf den Schutz der §§ 2287, 2288 BGB angewiesen und den üblichen faktischen Beweisproblemen ausgeliefert.

 

Rz. 63

Ein Erbvertrag kann sowohl einseitig, als auch zwei- bzw. mehrseitig geschlossen werden. Während ein einseitiger Erbvertrag nur vertragsmäßige Verfügungen des Erblassers beinhaltet, die der Erbvertragserbe lediglich annimmt, erklären bei einem zwei- oder mehrseitigem Erbvertrag beide Vertragsteile vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen, die in der Regel wechselbezüglich sind. Wechselbezüglichkeit bedeutet, dass die eine Verfügung mit der anderen steht und fällt, wobei gemäß § 2298 Abs. 1, 2 BGB die Unwirksamkeit der einen Verfügung in der Regel und vorbehaltlich eines anderen Willens der Vertragsschließenden (§ 2298 Abs. 3 BGB) die Unwirksamkeit des gesamten Erbvertrages zur Folge hat.

 

Rz. 64

Beim Erbvertrag wird weiter zwischen in der Regel bindenden vertragsmäßigen Verfügungen (Erbeinsetzungen, Vermächtnisanordnungen und Auflagen, § 2278 Abs. 1 BGB) und frei widerruflichen einseitigen Verfügungen (§ 2299 Abs. 1 BGB) unterschieden. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung kann demnach stets nur als einseitige (bindende) Verfügung erfolgen (§ 2299 Abs. 1 BGB).

[27] BGH NJW 1954, 633.

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