Rz. 9

Tritt der Erbfall vor Anwendbarkeit der ErbVO ein, wirkt sich eine durch den Erblasser jetzt oder bereits früher vorgenommene Rechtswahl nur aus, soweit sie schon unter der geltenden Rechtslage vorgenommen werden kann/konnte. Das ist unter Geltung des deutschen Kollisionsrechts bislang nur bei einer Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB der Fall. Da nach bisheriger Rechtslage für das anwendbare Recht die Staatsangehörigkeit des Erblassers maßgeblich ist (Art. 25 Abs. 1 EGBGB), war die Wahl des deutschen Rechts für in Deutschland belegene Immobilien bislang nur für ausländische Erblasser von Interesse, denn deutsche Erblasser werden ohnehin nach deutschem Recht beerbt.

 

Rz. 10

Umgekehrt gilt, dass eine Rechtswahl eines ausländischen Erblassers gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB nach Anwendbarkeit der ErbVO nicht mehr zulässig sein wird. Wünscht ein ausländischer Erblasser die Wahl deutschen Rechts für ein in Deutschland befindliches Grundstück, so muss die Wahl noch vor Anwendbarkeit der ErbVO erfolgen.[11] Eine solche Wahl wirkt dann auch nach Anwendbarkeit der ErbVO, aber nur, wenn der ausländische Erblasser zum Zeitpunkt der Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Denn nach Art. 83 Abs. 2 ErbVO ist die nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB vorgenommene Rechtswahl weiterhin wirksam, wenn die Rechtswahl nach dem Kollisionsrecht des Staates zulässig war, in dem Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

 

Rz. 11

Trifft der deutsche Erblasser noch vor dem 17.8.2015 eine Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB, ist das nach bisherigem Recht zwar überflüssig, aber unschädlich. Eine Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB noch vor dem 17.8.2015 für den deutschen Erblasser kann sinnvoll sein für den Fall, dass sich der Erbfall nach Anwendbarkeit der ErbVO ereignet, denn dann wirkt die Rechtswahl (weil das deutsche IPR/Heimatrecht des Erblassers die Wahl zulässt, vgl. Art. 83 Abs. 2 ErbVO). Das eröffnet auch für deutsche Erblasser die Möglichkeit einer beschränkten Rechtswahl – bezogen nur auf die in Deutschland belegenen ­Immobilien –, die nach Anwendbarkeit der ErbVO nicht mehr zur Verfügung steht. Denn eine allgemeine Rechtswahl nach Art. 22 ErbVO kann nicht auf einzelne Nachlassgegenstände eingeschränkt werden, sondern betrifft stets den gesamten Nachlass (Art. 23 Abs. 1 ErbVO).

Will der – deutsche oder ausländische – Erblasser also eine beschränkte Rechtswahl erreichen, so muss er von der bis 17.8.2015 bestehenden Möglichkeit der Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB Gebrauch machen.

 

Rz. 12

Das kann sinnvoll sein, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers im Ausland liegt und der Erblasser hinsichtlich des dort belegenen ausländischen Vermögens auch nach diesem Recht beerbt werden will, die Erbfolge in die deutschen Immobilien aber weiterhin deutschem Recht unterwerfen will.

Diese Konstellation führt dann auch unter der zukünftigen Rechtslage zur Nachlassspaltung, insoweit kann die bisherige Rechtslage in die neue Rechtslage überführt werden.

Muster 4.1: Formulierungsbeispiel für ausländische Erblasser zur Rechtswahl nach Art. 25 Abs 2 EGBGB

 

Muster 4.1: Formulierungsbeispiel für ausländische Erblasser zur Rechtswahl nach Art. 25 Abs 2 EGBGB

Ich besitze ausschließlich die Staatsangehörigkeit des Staates X, habe jedoch meinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Ich bin Eigentümer eines Grundstücks in Deutschland, eingetragen im Grundbuch von _________________________, Blatt _________________________ und wähle für die Rechtsnachfolge in dieses Grundstück deutsches Recht als Erbstatut. Diese Wahl des deutschen Rechts gilt auch für den Fall, dass ich meinen gewöhnlichen Aufenthalt verlege. Eine Wahl meines derzeitigen Staatsangehörigkeitenrechts treffe ich ausdrücklich nicht.

Es ist mir bekannt, dass sich die Rechtswahl hinsichtlich des genannten Vermögens auf das deutsche Erbrecht als Ganzes bezieht, ggf. insbesondere also auch auf die Bestimmungen über den Pflichtteil.

Der Notar hat mich darüber belehrt, dass deutsches Recht nur für die Rechtsnachfolge in das deutsche Grundstück gilt, im Übrigen aber das Recht des Staates meines letzten gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich ist, sofern der Erbfall nach dem 17.8.2015 eintritt.

Der Notar hat mich darüber belehrt, dass der Notar ausländisches Recht nicht kennen muss und darüber auch nicht beraten hat. Ich entlasse ihn insoweit aus jedweder ­Haftung.

 

Rz. 13

Trifft der Erblasser über die Rechtswahl des deutschen Rechts hinaus keine weiteren Anordnungen zur Erbfolge, gilt die gesetzliche Erbfolge deutschen Rechts; trifft er dagegen weitere Anordnungen zur Erbeinsetzung, richtet sich das Pflichtteilsrecht nach deutschem Recht.

Nach bisheriger Rechtslage ist anerkannt, dass die Rechtswahl auch auf einzelne Grundstücke beschränkt werden kann.[12] Will der Erblasser deutsches Recht nur auf einige bzw. ein Grundstück von mehreren angewendet wissen, so kommt es zu einer weiteren Nachlassspaltung. Es ist insoweit besonders sorgfältig zu überlegen, ob ...

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