Rz. 185

Private Veranstalter bedürfen zur Veranstaltung von Rundfunk einer Zulassung (§ 52 MStV, § 20 Abs. 1 S. 1 RStV). Im Gegensatz zu § 20 Abs. 1 S. 3 RStV muss nunmehr für die Zulassung keine Programmkategorie (Voll- oder Spartenprogramm, etwa der Kinderkanal) festgelegt werden. Vielmehr ist dies als Pflichtbestandteil des Zulassungsantrags bei den Grundsätzen des Zulassungsverfahrens in § 55 Abs. 1 MStV genannt. Es steht im Ermessen der zuständige Landesmedienanstalt (LMA), die Programmkategorie Voll- oder Spartenprogramm im Zulassungsbescheid explizit festzulegen, soweit sie dies für erforderlich hält.[193] Im Übrigen richtet sich die Zulassung nach Landesrecht.[194]

Verwaltungsrechtlich ist die Zulassung als Präventivverbot mit Erlaubnisvorbehalt einzustufen. Diese Lizenz erfasst auch das Recht zur Nutzung von Übertragungskapazitäten. Bevor das Vergabeverfahren beginnen kann, bedarf es im terrestrischen Rundfunk (also nicht über Internet) einer Vorentscheidung über die zugeteilte Frequenz, die wiederum durch öffentliche Ausschreibung erfolgt.

 

Rz. 186

Verhaltensbezogene Mindestvoraussetzungen sind den Landesmediengesetzen[195] zu entnehmen, die für die Veranstaltung von bundesweit verbreitetem Rundfunk nun eine einheitliche Zulassung vorsehen, ohne Berücksichtigung der unterschiedlicher Regelungen in den Bundesländern (§ 53 MStV, § 20a RStV). § 20b RStV nahm Hörfunk im Internet von der Zulassungspflicht aus. Deren Angebot war lediglich der zuständigen LMA anzuzeigen. Da inzwischen durch die fortschreitende Digitaltechnik (etwa Hybrid broadcast broadband – HbbTV)[196] immer mehr Endgeräte wie Smartphones für das Wahrnehmen als Internet-Radio geeignet sind, ist aus dem ehemaligen Nischen-Angebot ein normales Hörfunkangebot geworden, für das die §§ 52 und 54 MStV (entweder zulassungspflichtig oder als Bagatellrundfunk nur anzeigepflichtig) gelten.[197]

 

Rz. 187

Keiner Zulassung bedürfen Rundfunkangebote von nur geringer Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MStV) sowie solche Angebote, die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen oder in ihrer prognostizierten Entwicklung erreichen werden (Nr. 2). Die Fallkonstellationen können auch kumulativ auftreten. Ist schon eine der Voraussetzungen erfüllt, ist das Rundfunkangebot zulassungsfrei. Ist sich der Anbieter nicht sicher, ob es sich um zulassungsfreien Rundfunk handelt, kann bei der zuständigen Landesmedienanstalt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt werden (§ 54 Abs. 1 S. 2 MStV).

 

Rz. 188

§ 54 Abs. 2 MStV normiert die Satzungsermächtigung der Landesmedienanstalten zur Konkretisierung der Zulassungsfreiheit. Näher erläutert werden könnten etwa Vorgaben zur Umsetzung der in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 MStV genannten quantitativen Tatbestandsmerkmale (etwa Anzahl der gleichzeitigen Nutzer). Denn § 54 MStV stellt nicht alleine auf Streaming-Angebote ab, sondern erfasst auch unterschiedliche technische Übertragungswege wie Terrestrik, Satellit, breitbandige Kabelanlagen, Video-Live-Streaming-Angebote, die per Internet-Protokoll übertragen werden.[198]

 

Rz. 189

§ 54 Abs. 3 MStV privilegiert ausschließlich im Internet verbreitete Hörfunkprogramm, die vor Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags bei der zuständigen Landesmedienanstalt angezeigt wurden. Diese Programme gelten nunmehr als zugelassene Programme nach § 52 MStV.[199]

 

Rz. 190

§ 54 Abs. 4 MStV bestimmt, dass auf zulassungsfreie Rundfunkprogramme die Regelungen zu den Europäischen Produktionen (§ 15 MStV), zur Publizitätspflicht und sonstigen Vorlagepflichten (§ 57 MStV) sowie zur Sendezeit für Dritte, für Kirchen und Parteien (§ 68 MStV) keine Anwendung finden.

 

Rz. 191

Ein vereinfachtes Zulassungsverfahren kann das Landesrecht für lokale Sender vorsehen (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 MStV, § 20 Abs. 3 RStV etwa i.V.m. § 26 LMG RP). Die in § 54 Abs. 1 Nr. 1 MStV genannte Fallkonstellation – Rundfunkangebote mit nur geringer Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung – erfasst auch die bisherige Regelung des § 20 Abs. 3 RStV.[200]

 

Rz. 192

Die Versagung der Zulassung sowie der Widerruf bzw. Zulassung mit Nebenbestimmungen ist § 52 Abs. 2 MStV, § 20 Abs. 4 RStV zu entnehmen. Insbesondere soll die Umgehung der Zulassungsbestimmungen eines anderen Staates verhindert werden.

 

Rz. 193

Anmelde- und zulassungsfrei ist der Betrieb von Telemedien (§ 4 TMG, § 17 MStV, § 54 Abs. 1 S. 1 RStV), was auf Art. 4 Abs. 1 E-Commerce-Richtlinie zurückgeht.[201] Da die Grenzziehung zwischen Informations- und Kommunikationsdiensten zum Rundfunk fließend sind, gibt es die Möglichkeit der rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 54 Abs. 1 S. 2 MStV, § 20 Abs. 2 S. 3 RStV).

[193] MStV Begründung S. 29.
[194] In Rheinland-Pfalz § 24 LMG; für sämtliche Bundesländer siehe www.die-medienanstalten.de.
[195] In Rheinland-Pfalz § 25 Abs. 1 LMG.
[196] HbbTV ist ein offener internationaler Standard für die Übertragung, Signalisierung u...

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