Rz. 82

Statt Vertragsbedingungen für jeden einzelnen Vertrag auszuhandeln, besteht bei immer wiederkehrenden Geschäften ein Bedürfnis, auf vorformulierte Vertragsbedingungen zurückzugreifen. Damit besteht aber die Gefahr, dass der Verwender der AGB einseitig für ihn günstige Vertragsbedingungen "diktiert" und der Vertragspartner sich darauf einlässt, weil er die AGB überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt oder keine Möglichkeit sieht, sich gegen den häufig wirtschaftlich überlegenen Verwender durchzusetzen.

AGB sind in der Praxis weit verbreitet und in manchen Branchen sogar geschäftsüblich (z.B. Mietrecht, Kfz-Kauf, Versicherungswesen). Den AGB kommt daher im vertraglichen Rechtsverkehr erhebliche Bedeutung zu. Das Recht der AGB ist in den §§ 305310 BGB geregelt.

 

Rz. 83

Gem. § 305 Abs. 1 BGB versteht man unter AGB die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (der Verwender der AGB) der anderen Partei bei Abschluss des Vertrages praktisch einseitig auferlegt, unabhängig von der Form oder dem Umfang dieser Bedingungen. Hinter dieser etwas umständlichen Formulierung verbirgt sich das landläufig bekannte "Kleingedruckte". Derjenige, der solchen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgesetzt ist, ist in mehrfacher Hinsicht schutzbedürftig. Zum einen enthalten AGB meist so viele Regelungen, dass sie im Rahmen eines Vertragsabschlusses in aller Regel nicht gelesen werden oder gelesen werden können. Darüber hinaus verfügt der Verwender von AGB oft über erheblich mehr wirtschaftliche Macht als derjenige, der den AGB ausgesetzt wird, so dass de facto ein Aushandeln von Vertragsbedingungen, die von den in den AGB enthaltenen abweichen, nicht möglich ist.

 

Beispiel:

A kauft bei der Handelskette M ein Faxgerät. In den AGB der Handelskette heißt es, dass Ansprüche und Rechte bei Lieferung defekter oder fehlerhafter Ware nicht bestehen. Nach dem Auspacken der Anlage merkt A, dass das Gerät nicht funktioniert, weil infolge eines Transportschadens das Gehäuse zerbrochen ist. Wäre die Vertragsgestaltung wirksam, hätte A ein Rücktrittsrecht nur dann, wenn der Verkäufer den Defekt des Telefaxes arglistig verschwiegen hätte, § 444 BGB. Dies ist jedoch bei einem originalverpackten Gerät ersichtlich nicht der Fall. Das Ergebnis einer solchen Vertragsgestaltung ist jedoch unbillig. Zum einen dürfte A beim Kauf an der Kasse kaum die Zeit gehabt haben, sich mit den AGB der Handelskette eingehend zu beschäftigen, zum anderen hätte mit einer solchen routinemäßigen Vertragsgestaltung die Handelskette die Möglichkeit, alle zufälligen Beschädigungen und Mängel auf ihre Kunden abzuwälzen, ohne dass der Kunde tatsächlich die Möglichkeit hätte, auf die vertragliche Gestaltung Einfluss zu nehmen. Er könnte höchstens vom Kauf absehen.

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