Rz. 144

Im Finanzgerichtsprozess gilt gem. § 96 FGO das Prinzip der freien Beweiswürdigung. Das Gericht muss das Gesamtergebnis der Verhandlung einbeziehen. Verletzungen von steuerlichen Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen können negativ für den Steuerpflichtigen wirken.[201] Bei der Würdigung der Beweise muss das Gericht alle Umstände einbeziehen. Es darf nicht einzelne Gesichtspunkte herausgreifen.[202] Der Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen, wenn er sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt. Für den Steuerprozess gilt insofern nichts Besonderes – jedenfalls heute.[203] Eine Verletzung der Belehrungspflicht gem. § 393 Abs. 1 S. 4 AO im Steuerstrafverfahren soll nicht zum Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren und damit auch nicht im Steuerprozess führen.[204]

[201] Vgl. Tipke/Kruse, § 88 AO Rn 36; § 90 AO Rn 14 ff.; § 76 FGO Rn 91 ff.
[202] Vgl. im Einzelnen zu den Fragen der freien Verhandlungs- und Beweiswürdigung, auch zu den Fragen des Beweiswerts von Urkunden, des Anscheinsbeweises, des Indizienbeweises, der tatsächlichen Vermutungen und des Einflusses des behördlichen Beweisrechts auf das gerichtliche Beweisrecht Tipke/Kruse, § 96 FGO Rn 8 ff; Loschelder, AO-StB 2003, 25.
[203] Vgl. zur älteren Rspr. von der größeren Wahrscheinlichkeit BFH v. 26.6.1963, HFR 1964, 167; RFH v. 7.3.1922, RFHE 8, 304, 305.
[204] BFH v. 23.1.2002, BStBl II 2002, 328 entgegen der BGH-Rspr., vgl. NJW 1992, 1463; BFH v. 25.11.1997, BStBl II 1998, 461; BFH v. 29.6.1999, BFH/NV 1999, 1585; a.A. z.B. Tormöhlen, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 393 Rn 119 ff.

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