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Nach allen Presse- und Mediengesetzen besteht keine Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung, wenn diese dem Verantwortlichen nicht unverzüglich zugeleitet wird. Dabei kommt es – in Anlehnung an die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB – auf das Handeln des Betroffenen ohne schuldhaftes Zögern an.[33] Maßgebend ist somit nicht das Datum der ersten Veröffentlichung, sondern dasjenige der erstmaligen Kenntnisnahme durch den Betroffenen. Begrenzt wird das Kriterium der "Unverzüglichkeit" außerdem durch die in fast allen Pressegesetzen verankerte Frist von drei Monaten[34] (zwei Monate in § 44 Abs. 3 LMG NW). Außerdem wird die "Unverzüglichkeit" durch den Gesichtspunkt der Aktualität modifiziert. Grund für dieses Aktualitätserfordernis ist, dass die Gegendarstellung dem Leser zu einem Zeitpunkt präsentiert werden muss, zu dem ihm die Ausgangsmitteilung noch im Gedächtnis ist.[35] Zwar steht dem Betroffenen einerseits eine angemessene Frist zur Überlegung und Beratung mit einem Anwalt zu, gleichzeitig ist aber zu berücksichtigen, ob es sich bei der beanstandeten Veröffentlichung um eine solche aus einem Tagesblatt, einem Wochenblatt, einer monatlich ausgestrahlten Sendung oder um eine in längeren Zeiträumen erscheinende Veröffentlichung handelt. Dies ist insbesondere relevant bei den Medien, die eine Ausschlussfrist überhaupt nicht vorsehen (z.B. ZDF-Staatsvertrag, die Landesrundfunkgesetze Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Saarland, das Landesmediengesetz Hamburg, das Gesetz über die Deutsche Welle und die Hessischen Rundfunkgesetze). Hier gilt: Je häufiger eine Veröffentlichung erscheint, desto kürzer muss die Reaktionszeit sein. Bei wöchentlichen Sendungen hat das LG Köln einen Zeitraum von fünf Wochen zwischen der Ausstrahlung einer Sendung und der Zuleitung des Gegendarstellungsverlangens als ausreichend angesehen.[36] Hingegen hat das OLG Köln[37] angedeutet, dass ein Zeitraum von knapp sechs Wochen zwischen der Ausstrahlung einer wöchentlichen Sendung und dem Zugang des ersten Gegendarstellungsverlangens der Annahme einer "unverzüglichen" Geltendmachung im Wege stehen könnte. Das OLG Hamburg entscheidet für eine Zeitschrift, dass schon die Überschreitung einer 2-Wochen-Frist dem Unverzüglichkeitskriterium entgegensteht.[38]

[33] OLG Dresden v. 14.3.2017 – 4 U 142/17, juris; auch OLG München AfP 2001, 137.
[34] Siehe dazu LG Frankfurt (Oder) AfP 2000, 388.
[36] LG Köln AfP 1995, 684; siehe auch OLG München AfP 2001, 137: 4 Wochen bei Tageszeitungen, 4–6 Wochen bei Wochenmagazinen, bezogen auf Artikel mit durchschnittlicher Bedeutung.
[37] OLG Köln NJW-RR 1990, 1119.
[38] OLG Hamburg ZUM-RD 2011, 306, 307; siehe LG Berlin GRUR-Prax 2010, 322 oder auch OLG Hamburg NJW-RR 2001, 186 f.; siehe auch – unter Hinw. auf die frühere Rspr. des BVerfG – OLG Dresden v. 3.4.2018 – 4 W 282/18, AfP 2018, 353.

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