Rz. 61

Einen Sonderfall der Erschütterungsproblematik stellt der sogenannte sekundäre Luftschall dar. Sekundärer Luftschall (Körperschall) tritt auf, wenn Decken und Wände durch Erschütterungen zu Schwingungen angeregt werden und dadurch Schall abstrahlen.

Anders als Erschütterungseinwirkungen unterfällt der sekundäre Luftschall nach der Rechtsprechung[159] § 41 Abs. 1 BImSchG, weil sekundärer Luftschall Verkehrsgeräusch im weiteren Sinne ist. Doch auch nach dieser Rechtsprechung wird der sekundäre Luftschall von den Bestimmungen der 16. BImSchV nicht erfasst, da die dieser zugrundeliegenden Parameter zur Bestimmung des Beurteilungspegels (Anhang der 16. BImSchV) die Problematik des mit den Erschütterungseinwirkungen einhergehenden sekundären Luftschalls rechnerisch nicht erfassen.

Deshalb ist rechtlicher Maßstab wiederum § 74 Abs. 2 S. 2 u. 3 VwVfG mit den dort geregelten realen Schutzvorkehrungen oder Ausgleichszahlungsansprüchen.[160] Auch insoweit kommt es wieder darauf an, ob das Hinzutreten weiteren sekundären Luftschalls zu der vorhandenen Vorbelastung diese in beachtlicher Weise erhöht und gerade in dieser Erhöhung eine zusätzliche unzumutbare Beeinträchtigung der Betroffenen liegt. Fehlt es an einer Vorbelastung kommt es darauf an, ob die Zumutbarkeitsschwelle mit Bezug auf sekundären Luftschall überschritten wird. Auch hier gilt wieder, dass die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze beim Luftschall mangels der Existenz gesetzlicher Grenzwerte wiederum Einzelfall- und Fachfrage ist.

Auch beim sekundären Luftschall ist auf Kriterien abzustellen, die den einschlägigen Sachverstand wiedergeben. Insoweit kommt als technisches Regelwerk für die Ermittlung der Wesentlichkeitsschwelle beim sekundären Luftschall die VDI-Richtlinie 2058 (Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft) und die VDI-Richtlinie 2719 (Schalldämmung von Fenstern) in Betracht.

Nach Inkrafttreten der 24. BImSchV dürfte diese Verordnung als rechtlicher Maßstab zur Bestimmung der Wesentlichkeitsschwelle beim sekundären Luftschall heranzuziehen sein.[161] Möglicherweise kann (auch) die VDI-Richtlinie 2058 – die sich zu Körperschallübertragungen äußert – einen Anhalt bieten.

Die Erheblichkeitsschwelle der Zunahme von sekundärem Luftschall dürfte – wie beim primären Luftschall – bei 3 dB(A) liegen.

[159] Vgl. BVerwG v. 10.10.1995 – 11 B 100.95.
[160] Vgl. VHG München v. 12.4.2002 – 20 A 01.40016, juris; VGH München v. 23.2.2007 – 22 A 01.40089, juris.

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