1. Überblick

 

Rz. 7

Kommt es zu einem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren nach § 201 GVG, richtet sich die Vergütung nach Teil 3 VV. Für die Gebühren ist maßgebend, vor welchem Gericht die Klage eingereicht wird.

2. Erstinstanzliche Verfahren

a) Verfahrensgebühr

aa) Erstinstanzliche Verfahren vor einem OLG, LAG, OVG/VGH oder LSG sowie vor einem obersten Gerichtshof des Bundes

 

Rz. 8

Obwohl es sich um erstinstanzliche Verfahren handelt, richtet sich die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) nicht nach Teil 3 Abschnitt 1 VV (also nach den Nrn. 3100 ff. VV). Die Verfahrensgebühr richtet sich vielmehr nach Nr. 3300 Nr. 3 VV. Für die Verfahren vor einem OVG/VGH oder LSG ist diese Regelung an sich überflüssig, weil sich die Anwendbarkeit der Nr. 3300 VV bereits aus deren Nr. 2 ergibt.

 

Rz. 9

Der Anwalt verdient danach erstinstanzlich eine 1,6-Verfahrensgebühr, die sich nach Nr. 3301 VV im Falle der vorzeitigen Beendigung unter den Voraussetzungen der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3201 VV auf 1,0 ermäßigt.

 

Rz. 10

Eine Erhöhung der erstinstanzlichen Verfahrensgebühr in Verfahren vor dem BGH kommt nicht in Betracht, da eine den Nrn. 3208, 3209 VV vergleichbare Regelung fehlt.

 

Rz. 11

Soweit der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt, die denselben Entschädigungsanspruch geltend machen, erhöht sich die Verfahrensgebühr um 0,3 je weiteren Auftraggeber (Nr. 1008 VV).

 

Rz. 12

War der Anwalt zunächst außergerichtlich tätig und hatte er dort eine Geschäftsgebühr verdient (siehe oben Rdn 6), so ist diese Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig, höchstens zu 0,75, auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

bb) Erstinstanzliche Verfahren vor dem FG

 

Rz. 13

Für die erstinstanzlichen Verfahren vor den Finanzgerichten bedurfte es keiner gesonderten Regelung, da diese erstinstanzlich ohnehin schon mit einem Gebührensatz von 1,6 abgerechnet werden (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 i.V.m. Nr. 3200 VV).

b) Terminsgebühr

aa) Erstinstanzliche Verfahren vor einem OLG, LAG, OVG/VGH oder LSG sowie vor einem obersten Gerichtshof des Bundes

 

Rz. 14

Die Terminsgebühr ist nicht gesondert geregelt. Sie bestimmt sich vielmehr gem. Vorbem. 3.3.1 VV nach Teil 3 Abschnitt 1 VV. Ihre Höhe beläuft sich gem. Nr. 3104 VV auf 1,2 und in den Fällen der Nr. 3105 VV auf 0,5. Eine 1,5-Terminsgebühr (Nr. 3210 VV) kommt auch dann nicht in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren vor einem obersten Gerichtshof stattfindet.[2]

 

Rz. 15

Soweit hier eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergeht oder eine Einigung getroffen wird, kann die Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch ohne mündliche Verhandlung entstehen, da es sich durchweg um Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung handelt.

 

Rz. 16

Selbstverständlich kann die Terminsgebühr auch durch Besprechungen i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV ausgelöst werden.

[2] BFH AGS 2022, 167 = zfs 2022, 343.

bb) Erstinstanzliche Verfahren vor dem FG

 

Rz. 17

Für die Verfahren vor den Finanzgerichten gilt dagegen Nr. 3202 VV, die allerdings ebenfalls eine 1,2-Gebühr vorsieht, sodass sich hier im Ergebnis keine Unterschiede ergeben.

 

Rz. 18

Auch hier kann die Terminsgebühr durch eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren oder eine Einigung ausgelöst werden (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV).

 

Rz. 19

Selbstverständlich ist eine Terminsgebühr auch aufgrund einer Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV möglich.

c) Einigung

 

Rz. 20

Im Falle einer Einigung entsteht lediglich eine 1,0-Gebühr nach Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV, da es sich um erstinstanzliche Verfahren handelt. Auf eine Anhebung des Gebührensatzes für die Einigungsgebühr hat der Gesetzgeber in Nr. 1004 VV bewusst verzichtet.

d) Streitwert

 

Rz. 21

Da in den Gerichtsverfahren – einschließlich der Verfahren vor den Sozialgerichten – Gerichtsgebühren nach dem Wert abgerechnet werden, erfolgt die Wertfestsetzung nach § 63 GKG. Dieser Wert gilt dann auch für die Anwaltsgebühren (§§ 23 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1 RVG).

 

Rz. 22

Der Streitwert richtet sich vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgebend ist der verlangte Entschädigungsbetrag.

 

Rz. 23

In den Verfahren der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit richtet sich der Wert nach § 52 GKG. Da Geldforderungen geltend gemacht werden, richtet sich der Wert auch hier nach dem Wert des verlangten Betrags (§ 52 Abs. 3 GKG).

 

Rz. 24

Für die Finanzgerichtsbarkeit ist darüber hinaus der Mindeststreitwert des § 53 Abs. 4 GKG abbedungen worden. Er gilt in den Verfahren nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren nicht. Hier können also auch geringere Werte als 1.500,00 EUR festgesetzt werden.

 

Beispiel 1: Verfahren vor dem OLG mit Terminswahrnehmung

Der Anwalt beantragt für den Kläger vor dem OLG eine Entschädigung in Höhe von 3.600,00 EUR. Darüber wird mündlich verhandelt. Anschließend wird durch Urteil entschieden.

Der Anwalt erhält die 1,6-Verfahrensgebühr der Nr. 3300 Nr. 3 VV und eine 1,2-Terminsgebühr nach Vorbem. 3.3.1 i.V.m. Nr. 3104 VV.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3300 VV   444,80 EUR
  (Wert: 3.600,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.1 i.V.m. Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 3.600,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 798,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   151,70 EUR
Gesamt   950,10 EUR
 

Rz. 25

 

Beispie...

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